Wohnimmobilien in NÖ: Weder preislicher Hotspot noch Schlusslicht

Wohnimmobilien in NÖ: weder preislicher Hotspot noch Schlusslicht
© Roland Rudolph

Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Raiffeisen Research und Raiffeisen Immobilien präsentieren Studie zum niederösterreichischen Wohnimmobilienmarkt.

  • Heimischer Wohnimmobilienmarkt zeigt sich stabil: Preisrückgang von lediglich 0,2 % in Q2 2023.
  • Ausblick: moderate Preisrückgänge weiterhin für 2023 und auch für 2024 erwartet
  • Zweiteilung des Marktes: neues Wohneigentum wird teurer, gebrauchtes deutlich günstiger
  • NÖ Immobilienmarkt: Preisanstieg um 11,3 % in 2022
  • Leistbarkeit als "Wettbewerbsvorteil": Einfamilienhäuser waren 2022 in NÖ knapp 4 % günstiger als im Österreich-Schnitt, gleichzeitig war das Haushaltseinkommen rund 8 % höher
  • KIM-Verordnung und Zinsentwicklung führen zu geringerer Vergabe von Hypothekarkrediten
  • + 5,0 %: Raiffeisen NÖ-Wien verzeichnete im HJ 2023 im Vergleich zum HJ 2022 eine stabile Entwicklung des Gesamtkreditvolumens durch gewerbliche Wohnimmobilienfinanzierungen

Die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Raiffeisen Research und Raiffeisen Immobilien analysierten gemeinsam den heimischen Immobilienmarkt – der Fokus der aktuellen Studie liegt auf Niederösterreich. Generaldirektor-Stellvertreter Reinhard Karl, Kommerzkundenvorstand der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Gunter Deuber, Chefanalyst von Raiffeisen Research, Matthias Reith, Senior Ökonom von Raiffeisen Research, sowie Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien, präsentierten heute im Rahmen eines Pressegesprächs die Ergebnisse.

Raiffeisen NÖ-Wien: stabile Entwicklung des Gesamtkreditvolumens bei Wohnimmobilien (privat und gewerblich)

Nach Jahrzehnten des Booms bei österreichischen Wohnimmobilien folgt eine Konsolidierung des Marktes mit leichten Preisrückgängen im ersten Halbjahr 2023. Gleichzeitig ist das Kreditvergabevolumen an Konsument:innen aufgrund der herausfordernden Rahmenbedingungen durch die KIM-VO, die gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten im Zeitraum April 2022 bis April 2023 in Österreich um 70 % gesunken. (Quelle: bank lending survey, OeNB/EZB, April 2023) 

"Auch wir verzeichnen aufgrund der Zinsentwicklung und der verschärften regulatorischen Vorgaben bei Hypothekarkrediten einen deutlichen Rückgang bei der Kreditvergabe im privaten Wohnimmobilienfinanzierungsgeschäft", so Reinhard Karl, Generaldirektor-Stellvertreter der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien: "Betrachtet man jedoch die Entwicklung des Finanzierungsvolumens bei Raiffeisen NÖ-Wien ganzheitlich – also sowohl Wohnimmobilienkredite an Konsument:innen als auch an gewerbliche Kreditnehmer:innen – ist dieses im Vergleich zum HJ 2022 sogar leicht um rund 5,0 % gestiegen."

Leistbares Wohnen im Fokus

Obwohl die Preise für Wohnimmobilien in Niederösterreich 2022 gestiegen sind, waren z. B. Einfamilienhäuser im Vorjahr dennoch knapp 4 % günstiger als im Österreich-Schnitt. In Kombination mit einem rund 8 % höheren Haushaltseinkommen ist Wohneigentum in Niederösterreich dadurch noch deutlich leistbarer als in vielen anderen Bundesländern.

"Wir setzen alles daran, unseren Kund:innen weiterhin die Schaffung von Wohneigentum zu ermöglichen. Schließlich ist dieses die beste Vorsorge für leistbares Wohnen im Alter und ein Schlüsselfaktor für den Aufbau von Wohlstand", so Karl. Die RLB NÖ-Wien unterstützt zudem leistbares Wohnen in Niederösterreich über die Finanzierung von gefördertem Wohnbau – allein im letzten Jahrzehnt mit durchschnittlich 200 Millionen Euro pro Jahr.

Ein Trend zu Sanierungen lässt sich anhand der von der RLB NÖ-Wien eingereichten Förderanträge ablesen: Immer mehr Kund:innen fragen gezielt nach Fördermitteln für die Eigenheimsanierung.

Raiffeisen RESEARCH: Der NÖ Wohnimmobilienreport 2023 im Überblick

Die Preisentwicklung am österreichischen Wohnimmobilienmarkt zeigt sich vom doppelten Gegenwind in Form der drastischen Zinswende und der regulatorischen Zeitenwende bisher wenig beeindruckt. Nach einem merklichen Rückgang im Schlussquartal des Vorjahres sind die Immobilienpreise im ersten Halbjahr nur mehr leicht gesunken. In den kommenden Quartalen und 2024 sollten etwas stärkere Preisrückgänge als im ersten Halbjahr gesehen, nicht überraschen. Immerhin wird das Zinsniveau im zweiten Halbjahr 2023 höher sein als im ersten. Dennoch gilt: "Was hoch gestiegen ist, muss nicht zwangsläufig tief fallen", so Matthias Reith, Senior Ökonom für den österreichischen Wohnimmobilienmarkt bei Raiffeisen Research. "Nach Jahren des preislichen Steigfluges erwarten wir einen Sinkflug, aber keinen Sturzflug. Auch nach der unterstellten nominalen Preiskorrektur von bis zu 10 % (2023-2024) sollte Wohneigentum somit spürbar teurer sein als vor der Pandemie. Die Party ist vorbei. Ein ausgeprägter Kater dürfte aber ausbleiben", bringt Reith die Lage und den Ausblick für den österreichischen Immobilienmarkt auf den Punkt.

Raiffeisen Research erwartet jedoch, dass eine geordnete Ausbalancierung des Immobilienmarktes erreicht werden kann. "Am heimischen Immobilienmarkt sehen wir keine Elemente einer blasenartigen Überbewertung. Insofern kann eine Neuausrichtung des Marktes durch zwei bis drei Jahre der Konsolidierung erreicht werden", so Gunter Deuber, Bereichsleiter Volkswirtschaft & Finanzmärkte bei Raiffeisen Research.

Gebrauchte Wohnimmobilien punkten mit günstigeren Preisen

Allerdings zeigt der Blick unter die Oberfläche bereits jetzt schon prononciertere Preisrückgänge. Denn Immobilien sind nicht gleich Immobilien. "Wir erleben seit Anfang 2022 eine 'Zweiteilung' des Marktes", so Reith. Während sich neue Wohnungen seit Mitte 2022 weiter verteuert haben, wurden gebrauchte Wohnungen deutlich billiger. Dass sich beim Blick auf die Immobilienpreise insgesamt bisher nur eine sehr moderate Korrektur zeigt, ist somit auch der sehr speziellen Preisentwicklung von Neubauwohnungen geschuldet. Diese Zweiteilung ist ein Trend, der wohl gekommen ist, um zu bleiben.

Starkes Zinsrisiko

"Die EZB hat in etwas mehr als einem Jahr den schnellsten und kraftvollsten Zinserhöhungszyklus ihrer Geschichte durchgeführt", betont Gunter Deuber. Auf die Zinserhöhungen im Zeitraffer werden lediglich Zinssenkungen im Zeitlupentempo folgen. "Erste Zinssenkungen sind frühestens in der zweiten Hälfte nächsten Jahres zu erwarten und werden nicht in das Umfeld der Null- und Negativzinsen zurückführen", blickt Deuber voraus. "Eher könnte die Geldpolitik nur etwas weniger restriktiv werden", so Deuber, "während die erhöhten Zinsen erst jetzt bei den Kund:innen ankommen." Zudem wird das Thema Regulierung bzw. relevante Richtlinien zu nachhaltigen Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien (KIM-VO) den österreichischen Immobilienmarkt weiterhin belasten.

Das Thema "Leistbarkeit" wird daher noch für längere Zeit die neue Nachfrage nach Eigentum empfindlich dämpfen, auch wenn die nominalen Einkommensanstiege in den nächsten Jahren für eine gewisse Entspannung sorgen werden. Dass jedoch bestehende Kreditnehmer:innen in Zeiten der Zinswende in größerem Ausmaß in Bedrängnis geraten, zeichnet sich eher nicht ab. Eine daraus folgende "erzwungene Angebotsausweitung" wäre für einen preislichen Sturzflug hingegen notwendig. Gegen einen solchen spricht ferner das Zusammenspiel von fundamentalem Angebot und fundamentaler Nachfrage. Der demografische Rückenwind lässt nach, ist aber weiterhin vorhanden. Wächst die Bevölkerung, wächst der Bedarf an Wohnraum. Gleichzeitig stehen Jahre mit deutlich niedrigeren Fertigstellungszahlen bevor. Die Baugenehmigungen sind im ersten Quartal um 36 % p.a. eingebrochen. Das dürfte den Markt ebenfalls stützen.

Innerhalb Österreichs zeigen sich regional sehr unterschiedliche Immobilienmärkte, allerdings ist das Gefälle zumindest bei Einfamilienhäusern im Jahr 2022 erstmals seit mehreren Jahren nicht größer, sondern kleiner geworden. Die preisgünstigeren Bundesländer verzeichneten also stärkere Preiszuwächse als die preislichen "Hotspots", wobei die Immobilienpreise (Einfamilienhäuser) in Niederösterreich 2022 um 11,3 % und damit im Einklang mit dem österreichweiten Trend angestiegen sind. Grundsätzlich zählt Niederösterreich im Bundesländervergleich zu den günstigeren Regionen, das Haus im Grünen ist nur im Burgenland, in Kärnten und in der Steiermark erschwinglicher. Weder preislicher Hotspot noch Schlusslicht: Der Immobilienmarkt des östlichen Bundeslandes in seiner Gesamtheit kann als "unauffällig“ beschrieben werden. Nicht jedoch so beim Blick unter die Oberfläche, der ein großes regionales Gefälle offenbart. Denn nirgendwo sonst schwanken die Preise von Haus, Wohnung oder Grund auf Bezirksebene derart wie in Niederösterreich. "Großes Land, großes Preisgefälle", fasst Reith die zentrale Eigenschaft des niederösterreichischen Marktes zusammen.

„Die Leistbarkeit ist in Niederösterreich weniger angespannt als in anderen Bundesländern. Das sollte in einem insgesamt schwierigen Umfeld einen gewissen 'Wettbewerbsvorteil' für den regionalen Immobilienmarkt darstellen“, so Reith. Zwar sind die Preisunterschiede innerhalb Niederösterreichs in den letzten Jahren etwas geringer geworden, jedoch werden die meisten preisgünstigeren Gegenden auch in den nächsten Jahren schwache demografische Entwicklungen bis hin zu Bevölkerungsrückgängen aufweisen. Dies spricht dagegen, dass sich der preisliche Aufholprozess der Nachzügler langfristig fortsetzen wird. Niederösterreich dürfte somit auch in Zukunft das Land des großen Preisgefälles bleiben.

Raiffeisen Immobilien: NÖ Wohnimmobilienmarkt – aus der Praxis

Eine Trendwende am niederösterreichischen Wohnimmobilienmarkt sehen auch die Makler:innen und Bewerter:innen von Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland, der führenden Immobilientreuhand-Organisation Ostösterreichs. In fast allen Bezirken sinken die Preise – am geringsten in jenen Regionen, in denen die Preiszuwächse während der Pandemie moderater ausgefallen sind, wie z. B. im westlichen Niederösterreich. Ursache ist die rückläufige Nachfrage auch infolge der KIM-VO. Das belegt auch eine von Raiffeisen Immobilien bei Gallup in Auftrag gegebene Umfrage[1]: Demnach ist die Erlangung einer Finanzierung für 29 % der Befragten in Niederösterreich und dem Burgenland das größte persönliche Wohnproblem.

Steigende Nachfrage nach Mietobjekten

Positiv entwickelt sich in NÖ derzeit die Nachfrage nach Mietobjekten – ein Indiz, dass viele Kaufinteressenten mangels Finanzierung auf Mietobjekte ausweichen. Vor allem im Speckgürtel rund um Wien und in regionalen Ballungsräumen sind Mietwohnungen gut nachgefragt, Raiffeisen Immobilien rechnet hier folglich mit steigenden Mietpreisen. Auch Eigentumswohnungen sind in diesen eher urbanen Regionen gesucht. Peter Weinberger, Geschäftsführer Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland: "Der Kauf einer Eigentumswohnung zu Vorsorgezwecken ist daher weiterhin sinnvoll: Die Vermietung ist gesichert, die Mieten sollten steigen und die Indexierung der Mieten wirkt inflationssichernd."

Wichtiger denn je: die richtige Verkaufsstrategie

Bei den Verkäufer:innen gebrauchter Immobilien ist der Umbruch am Markt noch nicht ganz angekommen. Nach wie vor bieten viele über dem Marktwert an. Seriöse Beratung, objektive Preiseinschätzung durch kompetente Makler:innen oder Liegenschaftsbewerter:innen und die richtige Verkaufsstrategie sind daher in der aktuellen Marktsituation wichtiger denn je. Denn wer zu lange an zu hohen Preisvorstellungen festhält, riskiert sein Objekt zum Ladenhüter zu machen. Und wie sieht nun die neue Preisrealität aus? Um die Belastung durch die gestiegenen Kreditzinsen für Käufer:innen auszugleichen, müssten die Kaufpreise rein rechnerisch um 28 % sinken (Berechnungsbasis: 5 % Verzinsung). Durchaus beträchtlich – jedoch belief sich allein zwischen Jänner 2020 und Dezember 2022 der durchschnittliche Preisanstieg bei Immobilien in Österreich auf 28 % (Quelle: Raiffeisen Research/OeNB). "Für Verkaufswillige ist es daher erfolgversprechender sich flexibel zu zeigen und die neue Preisrealität zu akzeptieren", rät Weinberger. "Denn in den meisten Fällen wird man trotz preislichem Entgegenkommen beim Verkaufspreis eine Wertsteigerung der Immobilie lukrieren können."

Auch Immobiliensuchende stehen vor der Herausforderung sich an die neue Marktsituation anzupassen und die eigenen Anforderungen und Bedürfnisse kritisch zu hinterfragen: Wie viel Platz benötige ich tatsächlich? Wäre eine gebrauchte Immobilie eine Alternative zum Neubau? Mit seinem breit gefächerten Angebot – von der Immobiliensuche über Finanzierung und Förderungsberatung bis zur Tätigkeit als Bauträger – ist Raiffeisen hier der richtige Partner.

 

[1] Computer Assisted Web Interviews, durchgeführt vom Österr. Gallup Institut im März 2023;  N = 1000, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung von 20 bis 65 Jahren

Wohnimmobilienreport als PDF

Pressefoto zum Download (Credit Roland Rudolph) v.l.n.r.: Peter Weinberger, Geschäftsführer Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland, Markus Reith, Senior Ökonom von Raiffeisen Research, Gunther Deuber, Chefanalyst von Raiffeisen Research und  Reinhard Karl, Generaldirektor-Stellvertreter und Kommerzkundenvorstand der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien