Alternative Antriebe
Wirtschafts-Motor

Ökologischer Gegenwind, Image-Rostflecken, Absatzbremse: Weltweit steht die PS-Industrie jetzt massiv unter Zugzwang. Deshalb werden auch neue Kraftstoffe für das Auto der Zukunft gesucht – so wie in Oberösterreich.

Wirtschafts-Motor

Text: Christian Prenger 

Der Motor lief schon einmal wesentlich runder. Die erfolgsverwöhnte Automobilindustrie ist gehörig unter Druck gekommen. Schon im Jänner rechnete der Branchenverband Acea, zu dem sich die 16 größten europäischen Hersteller von Kraft- und Nutzfahrzeugen zusammengeschlossen haben, mit einem Rückgang der Pkw-Neuzulassungen in der EU um zwei Prozent.

Diese Wachstumsdelle wuchs sich durch die Corona-Pandemie zur ernsthaften Branchenkrise aus, die Autohersteller aus der ganzen Welt bedroht. Zahlen der Managementberatung EY sprechen eine klare Sprache: Die 17 größten Autokonzerne der Welt mussten allein im zweiten Quartal operative Verluste von insgesamt elf Milliarden Euro verdauen. Die Umsätze in dieser Periode stürzten im Vergleich zum selben Quartal im Vorjahr um spektakuläre 177 Milliarden Euro ab – ein Rückgang um 41 Prozent. „Ein derartiger Einbruch war noch nie da. Die Pandemie hat die weltweite Autoindustrie zeitweise fast zum Stillstand gebracht. Mit entsprechend katastrophalen Folgen“, unterstreicht Gerhard Schwartz, Leiter des Bereichs Industrial Products bei EY Österreich.

Zeitgemäße und damit umweltverträgliche Konzepte sind gefragt, um wieder Lust auf Neuwagenkauf zu machen. Das „Connected Car“, also ein Fahrzeug, das mit Internetanschluss und WLAN mit der Umwelt, dem Fahrer und anderen Verkehrsteilnehmern digital kommuniziert, ist nur eine Option. Rund um den Globus werden in den Thinktanks auch neue Kraftstoffe für das Auto der Zukunft gesucht. Keineswegs bloß zur Senkung schädlicher Emissionen. Hinter der Mühe stecken ebenso strategische Motive: Wer im Sprint um brauchbare Lösungen ganz vorne über die Ziellinie geht, besitzt beste Karten im Konkurrenzkampf.

 

Vielfalt möglicher Technologien

Eine klare Stoßrichtung ist dabei kaum auszumachen. Die zentrale Frage, wie der große Bedarf an Energie für eine Wende hin zu Elektro- oder Wasserstoffautos gedeckt werden kann, bleibt ungelöst. Auch deshalb wird der Verbrennungsmotor in Zukunft eine wichtige Größe bleiben. Im Bereich alternativer Antriebsformen werden aktuell mehrere Technologien weiterentwickelt. Das bietet vor allem der starken heimischen Zulieferindustrie die Chance, sich mit Innovationen am Markt zu positionieren – von Leichtbaulösungen bis hin zur effizienten Akku-Technologie. „Das ist ihre große Stärke. International punkten die Betriebe mit nachhaltigen Herstellprozessen, hohen Automatisierungsgraden und Qualität bei Produkten und Personal“, weiß Florian Danmayr, Manager des Automobil-Clusters der Standortagentur Business Upper Austria.

Oberösterreichische Spezialisten zeigen konkret Flagge, nicht zuletzt in Sachen Elektroauto – die gelobte Antithese zum qualmenden Auspuff. Die Mühlviertler Newcomer Kreisel Electric haben bereits einige Strahlkraft aufgebaut, in einer Branche mit klaren Vorstellungen. Markus Kreisel, Geschäftsführer des Entwicklers von Hochleistungsbatterien für E-Mobilität: „Der größte Treiber liegt in der CO2-Reduktion. Dieses Ziel lässt sich am effizientesten mit einer elektrischen Lösung erreichen. Innerstädtisch sowie bei Kurzstrecken bis zu 300 Kilometer werden sich Elektroautos mit Batterie durchsetzen. Ladezeiten zwischen sechs und 15 Minuten steigern zudem die Akzeptanz bei den Verbrauchern.“

Geht es nach der Managementberatung Bain & Company, ist der Durchbruch absehbar: 2025 sollen zwölf Prozent aller weltweit verkauften Neuwagen Elektroautos sein, bis 2040 dann sogar mehr als die Hälfte. Kein Wunder also, wenn nicht nur Start-ups in diesem vielversprechenden Wachstumsmarkt mitmischen wollen.

Die voestalpine strebt hier ebenfalls eine zentrale Position an. Der Technologie- und Industriegüterkonzern liefert Produkte und Vormaterial wie Elektroband oder Komponenten für E-Motoren, Sicherheitskomponenten für Batterien oder Karosserieteile in Leichtbauweise. Die damit erzielte  Gewichtseinsparung soll die Reichweite der E-Fahrzeuge erhöhen. Zum Kundenstock in diesem Segment zählen alle führenden europäischen Automobilhersteller sowie deren Zulieferer.

Tatsächlich hat sich E-Mobility mittlerweile in vielen Automotiven-Chefetagen zum Hoffnungsträger entwickelt, obwohl hinsichtlich der Breitenwirkung Hürden wie hohe Anschaffungskosten, Batterie-Recycling oder zu wenige Ladestationen zu überwinden sind. In jedem Fall aber verfügt der Markt über Potenzial, das beweist Miba. Hochleistungswiderstände der Laakirchner Technologie-Gruppe sind in E-Fahrzeugen im Serieneinsatz, weiters werden Produktionsanlagen für Elektromotoren-Statoren gebaut. Außerdem nimmt das Unternehmen an zahlreichen Forschungsprojekten teil. Dazu zählen etwa eine digitale, intelligente Batterien-Kühllösung oder eine Powerfuse zur Absicherung von Hochvoltbatterien.

Der Einsatz für neue Antriebsformen zeigt schon jetzt erfreuliche kommerzielle Auswirkungen. „Der Anteil von E-Mobility-Lösungen an unserem Automotive-Umsatz ist schon heute größer als der Anteil von Elektrofahrzeugen am Markt“, erklärt Miba-CEO F. Peter Mitterbauer. Das Wachstum des neuen, zusätzlichen Geschäftsfeldes überlassen die Miba-Strategen dabei keineswegs dem Zufall. Am Standort Vorchdorf ist bereits ein E-Mobility-Cluster entstanden. Das Motiv hinter der Maßnahme ist klar: Es geht um sinnvolle Vernetzung von Elektrifizierungskompetenz mit Know-how aus der klassischen Automobilindustrie.

 

Zukunftsalternative Hybrid

Aber auch für Hybridfahrzeuge produziert die Gruppe eine Reihe von Lösungen. Solche Autos sind eine Art Zwischenstufe zum rein elektrischen Antrieb. Der Elektromotor wird mit einem Verbrennungsantrieb kombiniert. Die Paarung soll Sprit sparen, den Schadstoffausstoß reduzieren, den Lärm und die Angst vor langen Ladezeiten dämpfen. Die in den letzten Jahren verbesserte Qualität der Batterien macht solche Modelle ebenso zur Option abseits der reinen Verbrenner-Lehre.

Während Hybridfahrzeuge schon in großer Zahl erhältlich sind, ist eine andere Antriebsform noch visionärer. „Wasserstoff ist sauber und nachhaltig. Speziell für Fahrzeuge wie Schwertransporter oder Busse, die große Energiemengen benötigen, ist dieser ökologische Energieträger eine wichtige Ergänzung in der Elektromobilität. Mit Wasserstoff sind große Reichweiten und kurze Betankungszeiten möglich. Grün erzeugter Wasserstoff bietet zudem die Chance, im globalen Wettbewerb heimische Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu generieren. Die Erwartungen an diesen wichtigen Baustein für die Mobilität der Zukunft sind riesig“, betont Thomas Rührlinger, Experte von Fronius International.

 

Wasserstoff aus Sonnenenergie

Bis zum breiten Einsatz von Wasserstoff ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Der Hightech-Betrieb Fronius verfügt schon über anschauliche Argumente. Die Betankungsanlage Fronius Solhub kann vor Ort aus Sonnenenergie ökologischen bzw. grünen Wasserstoff für Gefährte mit Brennstoffzelle erzeugen und speichern. Außerdem lässt sich die entstehende Abwärme nützlich verwenden. Die Pilotanlage in Thalheim ist seit zwei Jahren in Betrieb und weitere Installationen befinden sich bereits in fortgeschrittener Planung.

 

CO2 soll wieder Kraftstoff werden

Noch in den Kinderschuhen steckt die Suche nach wesentlich utopischeren Kraftstoffen. Tatsächlich experimentieren schon manche Unternehmen mit synthetischen Kraftstoffen. Sogenannte E-Fuels, hergestellt durch regenerative Energie, sollen Stromüberschüsse und das ohnehin klimaschädliche CO2 in der Atmosphäre in Kraftstoffe umwandeln. Als mögliche Einsatzorte gelten aber vorwiegend Flugzeuge und Schiffe. Die Entscheidung, was das Alltagsauto der Zukunft antreibt, fällt aus heutiger Sicht zwischen Verbrennermotor, Brennstoffzelle und Batterien.

Wasserstoff Hydrogen