Mühlviertler Smart Mobility
Start-UP

Wer auf dem Land nicht selbst mit dem Auto zur Arbeit fahren will, hat’s nicht immer leicht. Das oberösterreichische Start-up Carployee ermöglicht seit 2018 Mitfahrgelegenheiten auf Knopfdruck.

Mühlviertler Smart Mobility

Text: Susi Mayer

Pendeln: Das bedeutet volle Autobahnen und leere Autos. Neun von zehn Pendlern sitzen allein in ihrem Pkw. Das verschwendet Ressourcen, kostet Geld und schädigt die Umwelt. Muss das sein? Nein, dachte sich ein junger Oberösterreicher. Wo öffentlicher Verkehr keine Alternative ist, muss eben eine andere geschaffen werden. Gemeinsam mit zwei Kollegen aus der Schulzeit gründete Albert Vogl-Bader daraufhin 2018 Carployee: eine Mitfahrbörse für Pendler.

„Dass die meisten Autos auf dem Arbeitsweg so gut wie leer sind, war für mich absurd“, erklärt Vogl-Bader den initialen Gedanken, der zur Gründung des Start-ups geführt hatte. Der Unterschied zu existierenden Apps: Carployee bedient die klassische Pendler-Kurzstrecke, und die Kunden sind nicht die Pendler selbst, sondern deren Arbeitgeber. Der Hintergedanke: Das Problem der Pendlermobilität lässt sich nur über ein gemeinsames Fahrziel lösen. Zielgruppe sind Unternehmen, deren Standorte nur mit dem Auto gut erreichbar sind und in denen ausreichend viele Mitarbeiter arbeiten. So lassen sich Fahrstrecken bündeln. Die Unternehmen profitieren vom besseren persönlichen Austausch der Mitarbeiter, weniger überfüllten Parkplätzen und einer grüneren Unternehmensbilanz. Mitarbeiter sparen Benzinkosten, müssen nicht immer selbst fahren und erwerben mit jeder geteilten Fahrt Punkte, die sie je nach Unternehmen für Essensgutscheine, Goodies oder Zeitausgleich einlösen können. Die „Matches“, wie man sie von Tinder kennt, kommen in der App dann zustande, wenn Fahrer und Mitfahrer dasselbe Ziel und einen ähnlichen Anfahrtsweg haben.

Vision und Investition

Gestartet ist Carployee mit Förderungen und den Finanzmitteln von Business Angels. Weitere Finanzierungen sind in Arbeit. Die Vision der Carployee-Gründer ist durchaus ambitioniert. Nichts Geringeres als „building new mobility habits“ lautet der langfristige Claim der Oberösterreicher. Während die App derzeit ihre Matches nur für Mitfahrgelegenheiten ausspuckt, soll sie in Zukunft verschiedene Verkehrsmittel miteinander kombinieren. Dazu arbeitet das Start-up mit dem Geoinformatik-Institut der Universität Salzburg an einer Lösung, um Arbeitswege möglichst umweltschonend und effizient zu optimieren. Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert 70 Prozent des Projektvolumens mit 650.000 Euro.

Carployee ist Teil der technikaffinen Start-up-Szene Oberösterreichs mit der FH Hagenberg als intellektuellem Zentrum. Deren Technologiefokus mündet nicht selten in der Entstehung innovativer Unternehmen. Carployee-Chef Vogl-Bader steht neben der Mitfahr-App auch mit einem Softwareunternehmen seit Jahren auf stabilen Beinen im Unternehmertum. Das hilft beim Aufbau des Start-ups. Unter anderem, weil dasselbe Kernteam am Werk ist und man einander lange kennt. Mittlerweile zählt Carployee sieben Mitarbeiter und wird in Österreich, Deutschland und der Schweiz genutzt. Die innovative Truppe rund um Vogl-Bader schielt aber bereits mit einem Auge auf den Markt in Osteuropa. Denn: „Dort gibt es einige Unternehmen, die genau jene Probleme haben, die wir lösen.“

Nach jahrelanger Erfahrung in der Start-up-Szene hat Vogl-Bader eine Checkliste fürs Gründen von Firmen und Launchen innovativer Produkte parat. Punkt eins: Netzwerken. Wer sich frühzeitig über Ideen austauscht, Feedback von hellen Köpfen einholt und zu testen beginnt, kann nur gewinnen. Die Angst, dass einem ein Konkurrent das Produkt sofort abschaut, ist unbegründet. Noch ist das Mühlviertel nicht Silicon Valley. Punkt zwei betrifft Prototyping. Nach dem Motto „better done than perfect“ verringert sich die Zeit bis zur Marktreife eines Produkts. Denn wer einfach mit einer Beta-Version losstartet und „on the go“ optimiert, erkennt schneller, was am Markt funktioniert und was Unternehmen oder Nutzer wollen. Das ist zielführender, als jahrelang im stillen Kämmerchen und ohne Marktresonanz an der perfekten Version zu feilen. Punkt drei stellt das Kernteam in den Mittelpunkt. Die Kompetenzen und Wünsche der Mitglieder müssen langfristig mit dem Projekt vereinbar sein. Vogl-Bader spricht vom Muss des ähnlichen Mindsets. „Nine to five“ und Firmenauto – das spielt es in der Start-up-Szene leider nicht. Und zu guter Letzt: Was den jungen Firmenchef selbst bei der Stange hält? Das Gefühl der Selbstwirksamkeit. „Wenn man etwas macht, was Sinn hat, wenn man sieht, dass die eigenen Handlungen sofort Wirkung haben, das treibt mich an. Klar ist es viel Arbeit. Aber diese Work-Life-Balance gibt es für mich sowieso nicht. Das ist für mich alles Life.“ 

Carployee: Öko-Erfolge

  • Fahrgäste in Carpools: 20.517
  • Eingesparte Kilometer: 730.000
  • Eingespartes CO2 in Kilogramm: 95.468
  • Eingespartes Spritgeld in Euro: 88.125