Aufstieg mit Antrieb
Aufstieg mit Antrieb

Der E-Bike-Boom ist noch lange nicht vorbei. Im Spitzenfeld der Hersteller profitiert die oberösterreichische KTM Fahrrad vom Wachstumskurs.

E-Bikes

Text: Robert Prazak • Foto: Heiko Mandl

Scheinbar mühelos radelt die fröhliche Gruppe den Treppelweg an der Donau entlang: Die Damen sind mit E-Bikes unterwegs und legen trotz fortgeschrittenen Alters lange Strecken zurück. Sie sind keine Ausnahme. Ob jung oder alt, ob am Weg in die Arbeit oder beim Ausflug am Wochenende, in der Stadt und im Wald: Das Elektrofahrrad erfreut sich in Österreich steigender Beliebtheit. Im Vorjahr war bereits jedes dritte verkaufte Fahrrad ein E-Bike – Österreich ist damit Vorreiter in Europa. Dabei liegen die Preise für solche Räder noch deutlich über jenen herkömmlicher Modelle.

 

Elektrisierende Aussichten

Ein Ende des Booms ist nicht in Sicht, wie Johanna Urkauf, Chefin von KTM Fahrrad, bestätigt: „Der Markt wächst immer noch stark.“ Das oberösterreichische Unternehmen profitiert enorm vom wachsenden Interesse, heuer wurde der Absatz in diesem Segment um 45 Prozent gesteigert. „In Zukunft ist weiterhin zweistelliges Wachstum möglich.“ Jährlich werden rund 230.000 Elektroräder von KTM Fahrrad hergestellt. In
Österreich, Deutschland und der Schweiz führt beim elektrischen Radeln tatsächlich kein Weg an KTM vorbei; bei hochwertigen Modellen ist das Unternehmen in Österreich nach eigenen Angaben Marktführer und kommt quer über alle Kategorien auf einen Marktanteil von rund einem Drittel in Österreich. Die Coronakrise hat die Nachfrage nochmals deutlich erhöht, die Händler verzeichneten im Sommer einen wahren Ansturm auf E-Bikes. In Österreich werden Fahrräder sowohl im Fachhandel als auch in großen Sportgeschäften mit breitem Sortiment verkauft; in anderen Ländern wie Deutschland geschieht das über den Radfachhandel. Mehr als die Hälfte des Umsatzes macht KTM im Nachbarland.

Entwickelt und produziert wird am Firmensitz in Mattighofen – und das macht sich bemerkbar. „Wir haben hier einen sehr hohen Fertigungsstandard und können jederzeit die Qualität unserer Produkte überwachen“, erzählt Johanna Urkauf, die 2018 von ihrer Mutter Carol Urkauf-Chen die Geschäftsführung übernommen hat. Wo sonst hat man die Möglichkeit, vom Büro einfach mal in die Fertigungshalle zu gehen, um die Herstellung unter die Lupe zu nehmen? Und Räder mit Elektroantrieb sind für KTM Fahrrad – nicht zu verwechseln mit Pierers KTM – nichts Neues, denn solche Modelle werden bereits seit dem Jahr 1994 produziert. Diese Tradition macht sich heute bezahlt. „Wir haben daher ein großes Know-how aufgebaut“, betont Urkauf. Auch die Entwicklung geschieht direkt in Mattighofen. „Wir schaffen ständig Innovationen: In den vergangenen Jahren haben wir immer ein Drittel des Umsatzes mit Produkten gemacht, die es im Jahr davor noch gar nicht gab. Heuer war es sogar die Hälfte des Umsatzes“, berichtet sie mit Stolz. Kunden achten eben auf Optik, Reichweite und Gewicht. Außerdem wird die Leistung der Batterien immer besser, zugleich werden die Motoren leichter. Ausruhen kann man sich als Hersteller da nicht. „Die Entwicklung des E-Bikes ist noch lange nicht abgeschlossen, da passiert sehr viel“, sagt Johanna Urkauf. So gehe der Trend zu integrierten und immer leistungsfähigeren Batterien; die Räder werden außerdem noch kompakter und leichter. Darüber hinaus bietet KTM Fahrrad nun ein E-Rennrad an – in diesem Bereich sei noch viel zu erwarten, heißt es. Abgesehen von den Elektrorädern bleiben aber auch herkömmliche Modelle ein wichtiges Standbein für das Unternehmen.

 

Chancen in Übersee

Elektromobilität ist eines der großen Trendthemen, vor allem auch in den urbanen Zentren sind vom Elektroscooter bis zum Elektroauto neue Möglichkeiten für eine klimafreundliche, leise Fortbewegung gefragt. Wie geht es vor diesem Hintergrund also mit dem Elektrorad weiter? Johanna Urkauf ist überzeugt, dass sich der Aufwärtstrend dieser Räder fortsetzen wird: „Das E-Bike ist Teil der Mobilität von morgen: Immer mehr Menschen steigen auf das Rad um.“ Es sei einfach ein gutes Gefühl, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren – dafür müsste allerdings auch die passende Infrastruktur für Radfahrer geschaffen werden. „Wichtig ist, ihnen dafür sichere Wege zur Verfügung zu stellen.“

Ob Stadt oder Land, ob Rennrad oder Mountainbike, in Mattighofen ist man jedenfalls bereits auf weiteres Wachstum eingestellt, wobei es „nachhaltig und finanzierbar“ sein soll, wie Johanna Urkauf betont: „Wir setzen einen Schritt nach dem anderen.“ Potenzial sieht sie unter anderem in Australien und China. Das erfolgreiche Engagement der Mattighofener Zweiradschmiede im Radsport sorgt auch in fernen Ländern für Aufmerksamkeit. Rennen im Cross Country werden ebenso gewonnen wie Mountainbike-Trophys oder klassische Straßenrennen. Zuletzt rückte man mit dem Start bei den weltweit bekanntesten Radrennen ins Rampenlicht. „Mit der Teilnahme an Tour de France und Giro können wir die Marke emotionalisieren und international bekannter machen.“

Johanna Urkauf
"Das E-Bike ist Teil der Mobilität von morgen."

Johanna Urkauf, Geschäftsführerin KTM Fahrrad

Über das Unternehmen

KTM Fahrrad mit Firmensitz in Mattighofen in Oberösterreich hat rund 600 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von rund 400 Millionen Euro, Firmenchefin ist Johanna Urkauf. Das Unternehmen stellt jährlich rund 350.000 Räder her, davon rund 230.000 Elektrobikes. KTM Fahrrad ist Anfang der 1990er-Jahre aus einem Teil der KTM Motor-Fahrzeugbau entstanden.

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