Konjunkturhoch, Zinsentief - wie lange noch?

Mit Wachstumsraten von drei Prozent sei man am Höhepunkt der Konjunktur angelangt.

Mit Wachstumsraten von drei Prozent sei man am Höhepunkt der Konjunktur angelangt. Erst ab 2020 sei mit einem Rückgang zu rechnen. Die Kreditzinsen würden weiter auf historisch niedrigem Niveau verharren, die Inflation schließlich gehe langsam nach oben. Diese Prognose lieferte Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research der Raiffeisen Bank International, bei einem Investmentabend in der Bankhalle des Raiffeisenverbandes Salzburg. Ihm zur Seite stand Lars P. Feld. Feld ist Wirtschaftsweiser - also ein Mitglied des deutschen Sachverständigenrates für Wirtschaft - und Professor für Wirtschaftspolitik in Freiburg.

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© Raiffeisen Medienverein Salzburg
Bild: Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek (l.) sprach beim Raiffeisen Investmentabend von hohen Wachstumsraten und konstanten Zinsen. Die Inflation gehe, wenn auch langsam, nach oben. Auf den Finanzmärkten herrsche Hochkonjunktur, man befinde sich im zehnten Jahr eines Aktienmarktaufschwungs. Die aktuell diskutierten Strafzölle sieht Brezinschek als Bremsklotz für die Konjunkturentwicklung; Kryptowährungen schließlich betrachtet er als kein stabiles Zahlungsmittel, sondern als Spekulationsobjekt. Weiters im Bild (v.l.): Prof. Lars Feld, Dir. Erich Ortner (RVS).

Die Hochkonjunktur werde auch 2018 prägen, die Eurozone wie auch Österreich hätten einen ungewöhnlich langen Aufschwung erlebt, der nun seinen Höhepunkt überschritten habe, sagte der Experte. Grund zur Sorge sollte dies aber nicht sein, heuer und nächstes Jahr sollte die Wirtschaft in Österreich noch über der Normalauslastung zulegen.

Brezinschek ist für die Börsen im heurigen Jahr optimistisch, auch wenn die Kurse neue Höchstände erreicht haben; in den USA gebe es durch die von Präsident Trump angekündigte Steuerreform einen zusätzlichen Schub. 
Brezinschek prognostiziert den internationalen Aktienmärkten noch neun bis zwölf ertragreiche Monate, bevor ihre Höchststände im aktuellen Börsenzyklus erreichen werden. Er verwies aber auch darauf, dass es statistisch gesehen nach einem Hoch noch durchschnittlich sieben Monate bis zum Einsetzen einer Rezession dauert. Bis dahin seien jedenfalls noch zweistellige Wachstumsraten an den Finanzmärkten möglich. Der Aktienmarkt habe "epische Ausmaße erreicht", Brezinschek spricht vom "zweitlängsten Aufschwung der Börsengeschichte", der mittlerweile neun Jahre beträgt. Ob die "Aktienbäume deshalb in den Himmel wachsen"? Nein, es zögen ein "paar Wolken auf und sorgen für eine volatile Phase". Für Brezinschek sei das aber kein Grund zur Sorge.

Ab 2019 dürften auch in Europa einige Zinsanstiege ins Haus stehen. Brezinschek erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihenkaufprogramm im Volumen von derzeit 30 Milliarden Euro monatlich per September auslaufen lässt. Mitte des ersten Halbjahres 2019 sollte dann der "Zinsnormalisierungsprozess" beginnen. 

Als derzeit größten Risikofaktor für die Finanzmärkte nennt Brezinschek drohende Handelskonflikte mit gegenseitigen Zollschranken und geopolitische Spannungen. Einen harten Brexit samt ökonomischer Unsicherheit sieht er aber ebenso als möglichen Gefahrenherd an wie den Fachkräftemangel, der das Wachstumspotenzial beschränken könne.

Auch was einer der einflussreichsten Ökonomen Deutschlands, Prof. Lars Feld, sagt, hat Gewicht ("Nachhaltige Wirtschaftspolitik und die Krise der Ökonomie"). Er gehört zu jener raren Spezies, die nicht nur gute Arbeit leisten, wenn sie viel zitierte Grundlagenforschung betreiben, sondern auch, wenn sie ihre theoretischen Erkenntnisse in der Politikberatung einsetzen und der Öffentlichkeit vermitteln. Auch deshalb war der jüngste Raiffeisen-Investmentabend der bislang bestbesuchte.