Anlegerpsychologie – Fallen, in die man gerne tappt

Was hat es mit dem Herdentrieb und noch weiteren sogenannten psychologischen Fallen auf sich? Und was können Sie in Bezug auf Ihr Anlageverhalten tun, um diese zu vermeiden?

Im vergangenen Jahrhundert ging man davon aus, dass Menschen in Zusammenhang mit einer Geldanlage vorwiegend rational agieren. Man dachte, Entscheidungen werden auf Grundlage von Informationen so getroffen, dass der Nutzen maximiert wird. Heute weiß man es besser: Das Anlageverhalten wird von kognitiven Verzerrungen (sog. Biases) beeinflusst, psychologische Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Auf einige dieser Verzerrungen gehen wir nun in der Folge ein und zeigen Möglichkeiten auf, damit umzugehen.

Die Angst vor Verlusten
In der Urzeit war die Sensibilität für Verluste vorteilhafter als die Dankbarkeit für Gewinne. Es ging um Leben oder Tod – Grund genug, mehr Energie in das Vermeiden des Verlustes zu investieren als in einen möglichen Gewinn. Und auch wenn diese Zeit lange zurückliegt, das Angstzentrum unseres Gehirns reagiert bei stark negativem Reiz nach wie vor mit einem wichtigen Schutzmechanismus: der Flucht. Genau dieser Schutzmechanismus erklärt z. B. die oft panikartigen Wertpapierverkäufe bei Kursstürzen an der Börse. Auch ist auf unser urzeitliches Gehirn zurückzuführen, dass (mögliche) Verluste mehr als doppelt so stark wahrgenommen werden wie (mögliche) Gewinne, eine Erklärung für die Risikoaversion vieler Anleger:innen.

Wie Sie mit der Angst vor Verlusten umgehen können
Betrachten Sie Ihre Geldanlagen gesamtheitlich. Fallen die Kurse am Kapitalmarkt, reagieren Sie nicht übereilt. Suchen Sie den Kontakt mit Ihrer:m Berater:in und erarbeiten Sie gemeinsam einen sinnvollen Umgang mit der Situation.

Agieren anstatt Innehalten
Fallen die Börsen, fällt es oftmals schwer, stillzuhalten und nichts zu tun. Man ist verleitet, agieren zu müssen, anstatt abzuwarten. Oftmals ist aber genau die bewusste Entscheidung, nichts zu tun, die richtige.

Innehalten als Entscheidung
Für die meisten Anleger:innen bedeutet die Geldanlage in Wertpapiere eine langfristige Investition. Investieren bedeutet – im Gegensatz zum Spekulieren – jedoch, das Geld über mehrere Jahre für sich arbeiten zu lassen. Entwickelt sich die Investition vorübergehend negativ, besinnen Sie sich auf die Überlegungen, aufgrund derer Sie sich für eine Anlage in Wertpapiere entschieden haben.

Herdentrieb – der Masse folgen
In der Finanzwelt gibt es einen Running Gag: Liest man in den Boulevardmedien: „Jetzt in Aktien investieren”, ist ein Börsenabschwung möglicherweise nicht weit. Warum? Weil solch eine Empfehlung meist dann erfolgt, wenn die Börsen in der jüngeren Vergangenheit schöne Zugewinne erlebt haben. Menschen neigen dazu, etwas als richtig zu empfinden, wenn es viele machen oder haben. Man spricht vom sogenannten Herdentrieb. Die Mehrheit vermittelt das Gefühl von Sicherheit, um die richtige Entscheidung zu treffen.

Bewusstes Investieren
Eigentlich spricht nichts dagegen, der Herde zu folgen – vorausgesetzt, es ist eine bewusste Entscheidung und man hat sich mit dem Thema ausführlich auseinandergesetzt. Dann sollte einen ein Börsenabschwung nicht überraschen und zum panikartigen Agieren verleiten. Investiert man regelmäßig gleichbleibende Geldbeträge in Form von Fondssparen bzw. Fonds-Step-Invest, kann man sich in Abschwungphasen bewusst machen, dass in solchen Phasen vergleichsweise günstiger zugekauft wird.

Vorliebe für den Heimatmarkt
Es gibt mehrere Studien, die aufzeigen, dass Anleger:innen rund um den Globus mit Vorliebe in Kapitalwerte ihres Heimatlandes investieren. Der deutsche Aktienmarkt macht im MSCI ACWI (einem globalen Aktienindex) lediglich rd. 2,1 % aus (Stand: September 2023). Deutsche Anleger:innen halten auf ihren Depots jedoch etwa 50 % in deutschen Aktien. Dieses Phänomen trifft nicht nur auf Deutschland zu, in anderen Ländern wie Großbritannien und den USA verhält es sich ähnlich. Die Gründe dafür können trügerisch sein: Anleger:innen haben das Gefühl, heimische Unternehmen (besser) zu kennen. Man glaubt, ihnen mehr vertrauen zu können. Oftmals allerdings grundlos.

Diversifikation
Um dieser Heimatliebe in der Geldanlage nicht zu verfallen, macht es Sinn, zumindest einen Teil seiner Wertpapierveranlagung weltweit gestreut zu veranlagen. Möchte man trotz allem in heimische Kapitalwerte investieren, gibt es auch hier die Möglichkeit, in einen breit gestreuten Fonds zu investieren, um am Heimatmarkt sein Geld zu veranlagen.

Urzeitliche Prägung und psychologische Faktoren machen es einem schwer, rational zu agieren. Sich dessen bewusst zu sein, kann dabei allerdings helfen. Und wenn Sie beim nächsten Mal Gefahr laufen, dem Herdentrieb zu verfallen, werden Sie hoffentlich an diesen Beitrag denken.

Kommentar

Beim Geld geht es um vieles. Denn es geht vor allem um Pläne, um Vorhaben, die eigene Familie  und viele Ideen in der Zukunft, für die man sein Geld einsetzen möchte. Deshalb ist es wichtig, sich genau zu überlegen, was man mit seinem Geld macht.
Unsere Psyche kann einem  vernünftigen Umgang mit Geld manchmal Fallen stellen. Um sie zu umgehen und eine erfolgreiche Anlagestrategie zu entwickeln, ist es darum hilfreich, seine Geldanlagen mit seiner Raiffeisen-Berater:in zu planen. Er:Sie kann dabei helfen, unter Berücksichtigung der individuellen Ziele, der Risikotoleranz und des möglichen Veranlagungszeitraumes eine passende Anlagestrategie zu finden.
Gerade in den aktuellen, herausfordernden Marktphasen helfe ich meinen Kund:innen, die Situation genau zu analysieren, das langfristige Ziel im Auge zu behalten und wenn nötig alternative Handlungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Panische Reaktionen auf kurzfristige Marktschwankungen bekommen hier keinen Platz.
Durch diese Herangehensweise kann ich meine Kund:innen vor impulsiven Entscheidungen bewahren, die möglicherweise auf irreführende und nicht rationale öffentliche Meinungen  zurückzuführen und für den langfristigen Anlageerfolg nicht dienlich sind.

Anlegerpsychologie
Marcel Pixner, Raiffeisenbank im Walgau