Raiffeisen Salzburg Business Brunch

Zwischen Rezession und Inflation

Salzburg, 29.9.2022 | Rund 70 Unternehmer:innen folgten der Einladung des Raiffeisenverband Salzburg zum diesjährigen Business Brunch in die Frohnburg. Als Referent war Raiffeisen Research-Volkswirt Valentin Hofstätter zu Gast. Sein Thema war "Geldpolitische Wende in Europa? Ist die Inflation gekommen, um zu bleiben?" Sein Fazit: Vorsichtiger Optimismus ist angebracht!

V.l.: Prok. Mag. Alfred Falkenstätter (RVS Firmenkunden), Dr. Valentin Hofstätter und Prok.  Mag. Alexander Pabinger (RVS Bauträger- und Projektfinanzierungen).
V.l.: Prok. Mag. Alfred Falkenstätter (RVS Firmenkunden), Dr. Valentin Hofstätter und Prok. Mag. Alexander Pabinger (RVS Bauträger- und Projektfinanzierungen).

Dr. Valentin Hofstätter, CFA im Detail: Die gelungene Substituierung von russischem Gas sowie die erwartete Rezession sollen die angespannte Zinssituation bald lockern. Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen sowie die steigenden Zinsen sorgen in der heimischen Wirtschaft für gemischte Gefühle. Experten gehen von einem nachhaltigen Wandel auf der Unternehmensseite aus, da die begonnene Zinswende Investitionen ausbremst. Zuletzt bekämpften Notenbanken die Inflation mit derartig hohen Zinsanhebungen in den 1980er Jahren. Diese Tatsache beunruhigt neben der Energieknappheit, dem Arbeitskräftemangel, der Klimakrise und den Teuerungsraten besonders viele Unternehmer. Wie groß ist die Gefahr, dass die Zinsen weiter ansteigen, so wie in Amerika? Ist es sinnvoll auf Fixzinsen umzusteigen oder rettet die erwartete Rezession aus der Misere? "Die Inflation steigt im Moment stark an, die Geldpolitik kommt dieser Entwicklung noch nicht nach. Aber für gewöhnlich ziehen die Zinsen bald an, deshalb wird es jetzt spannend", meint Hofstätter. Laut ihm entspricht das Worst-Case-Szenario den amerikanischen Verhältnissen mit einem US-Leitzinssatz, der in Kürze auf 4,5 % steigen soll. Absolut Gegenteiliges findet man in Japan, wo man immer noch auf Nullzinsen trifft. Hofstätter: "Irgendwo zwischen diesen zwei Extremen werden wir uns bewegen".

Gute Substituierung von Gas

Für das kommende Jahr wird der kurzfristige Leitzinssatz der Zentralbank vom Finanzmarkt inzwischen bei 3 % erwartet - dass die Zinsen über 5 % steigen ist laut Experten aber eher unwahrscheinlich: "Dann wären wir bei Werten wie in den 70ern", beruhigt Hofstätter, der davon ausgeht, dass die aktuellen Spitzenwerte der Inflation im Euroland nicht von Dauer sind. Grund für diese positive Annahme ist die gut funktionierende Substituierung von russischem Gas, die schneller und besser läuft als erwartet. Denn was die Inflation in Europa am meisten antreibt, sind die Strom und Gaspreise. Wenn nun die EU-Gaslager rechtzeitig durch neue Quellen gefüllt öff werden, müssten auch die Gaspreise im kommenden Jahr ziemlich sicher sinken – wobei sie nicht auf die gewohnten Gaspreise zurückkommen werden. Wieder andere Experten gehen davon aus, dass allein aufgrund der Kostenweitergaben, die laut Wirtschaftssystem im kommenden Jahr kommen werden, die Inflation hoch bleiben wird. "Wir nehmen trotzdem an, dass die Inflation etwas sinkt, da zum einem diesen Winter eine Rezession erwartet wird und sich zum anderen Lieferengpässe allmählich auflösen sollen", so Hofstätter. Er betont jedoch, dass dies nur wage Annahmen sind, denn ganz sicher ist nur Eines: Je schneller die Inflation runter geht, je schneller kann die EZB die Zinsen wieder senken.

"Corona-Rezession war schlimmer"

Zusammengefasst geht er davon aus, dass die Kerninflation im kommenden Jahr leicht zurück gehen wird, da die erwartete Rezession für eine Beruhigung sorgen soll. Außerdem soll sich die derzeitige Überbewertung des USD langfristig gesehen wieder abschwächen, die bisherige Euro-Abschwächung folgt 1:1 der Zinsdifferenz und zeigt, dass man den Glauben in den Euro nicht verloren hat. Als letzten Tipp gibt Hofstätter mit auf den Weg in die unklare Zukunft: Keine Kapitalmarktentscheidungen ausschließlich anhand von Informationen aus den Medien zu treffen, denn Krisen gab es schon immer und sie werden gerne dramatisiert. "Auch laut IWF-Prognose bewegt sich die Eurozone für diesen Winter in Richtung Rezession - die Corona-Rezession war aber zum Beispiel mit -5,9 % viel schlimmer".

Zum Referenten: Dr. Valentin Hofstätter ist seit 2021 für die Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft GmbH tätig. Davor arbeitete er seit 2000 als Ökonom und Kapitalmarktexperte für die Raiffeisenbank International, wo er 2005 die Leitung der Abteilung Volkswirtschaft, Zins- und Währungsanalyse übernahm und danach als Chef-Stratege die Abteilung Marktstrategie leitete. Der gebürtige Niederösterreicher (geboren 1974 in Tulln) studierte er Volkswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und der University of Technology Sydney. Er besitzt langjährige Erfahrung im Vermitteln volkswirtschaftlicher und finanzmarktbezogener Inhalte, insbesondere im Rahmen seiner Lektorentätigkeit für Raiffeisen Campus und Fachhochschulen. Darüber hinaus wird er regelmäßig in den Medien zu diversen Wirtschaftsthemen zitiert.