Neue Richtlinien bei der Kreditvergabe

Thomas Obernberger im Interview

Ab 1. Juli 2022 will das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) die strengeren Mindeststandards für die Vergabe von Wohnbaukrediten umsetzten. Was das für die Häuslbauer im Steyrtal bedeutet, beantwortet Thomas Obernberger, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Steinbach-Grünburg, im Interview

Was ist mit Vergabekriterien bzw. Mindeststandards bei der Kreditvergabe gemeint?

Bisher gab es empfohlene Kriterien bei der Vergabe von Immobilienkrediten. Zu diesen Kriterien zählen die Eigenmittel, die Höhe der monatlichen Kreditrate und die Höhe der gesamten Kreditsumme, was mit der Laufzeit eines Kredites einhergeht. 

Da es sich aber bisher nur um Richtlinien handelte, lag die Entscheidung über die Vergabe des Kredites bei der Bank selbst, auch wenn ein Kunde zum Beispiel nicht den empfohlenen Eigenmittelanteil aufweisen konnte.

Kreditvergabe

Wie lautet die derzeitige Empfehlung für den Eigenmittelanteil und die Höhe der Kreditrate?

Um diese Thematik für unsere Kundinnen und Kunden transparent zu gestalten, haben wir bei uns im Haus drei Faustregeln zur Beantwortung der großen Frage „Wie viel Kredit kann ich mir leisten?“.

Die erste Faustregel besagt, dass ein Eigenkapital von rund 20 Prozent der benötigten Finanzierungssumme eine Finanzierung leistbar macht. Die zweite Faustregel definiert die Höhe der monatlichen Kreditrate mit 35 Prozent des monatlichen Netto-Haushaltseinkommen. Und Nummer drei, die Höhe der Kreditsumme soll das 100-fache des monatlichen Netto-Haushaltseinkommen nicht übersteigen.

Warum sollen diese Empfehlungen nun zu verbindlichen Mindeststandards werden?

Aufgrund der attraktiven Konditionen für Immobilienkredite sind die Investitionen am heimischen Immobilienmarkt in den letzten Jahren stark gestiegen. Österreichweit sind seit Mitte 2020 die Zahl der Wohnbaukredite um 18 Prozent gestiegen. Das schafft ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Die steigende Nachfrage führt zu einem Anstieg und zu einer Überbewertung der Immobilienpreise. Die Nationalbank kam vor Weihnachten in ihrer Analyse des Immobilienmarktes zum Schluss, dass Wohnimmobilien um gut 30 Prozent überbewertet sind.

Durch die Intervention der FMSG soll der steigenden Kreditnachfrage und einer drohenden Immobilienblase entgegengewirkt werden.

Werden 20 Prozent Eigenmittel künftig verpflichtend sein?

Wie die Zeichen jetzt stehen, sollen ab 1. Juli dieses Jahres folgende Richtlinien bei der Kreditvergabe verpflichtend werden: Mindestens 20 Prozent des Kaufpreises (inklusive Nebenkosten) in Form von Eigenkapital, eine Kreditrate von höchstens 40 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens und eine maximale Laufzeit von 35 Jahren.

Wie stehen sie persönlich zu den neuen Standards?

Einerseits ist es wichtig, dass der Finanz- und der Immobilienmarkt stabilisiert werden und die Immobilienpreise nicht weiter ins Endlose steigen, andererseits sehe ich die Reform aber auch als Schutz für unsere Kreditnehmer.

Für viele ist das aktuelle Zinsniveau sehr verlockend, aber gerade bei gänzlich variabel verzinsten Krediten mit langen Laufzeiten ist das Risiko einer plötzlichen Erhöhung der monatlichen Gesamtbelastungen sehr hoch.

 

Ihre Empfehlung für die Häuslbauer im Steyrtal?

Nehmen Sie sich viel Zeit für eine ausführliche und frühzeitige Beratung mit einem Finanzexperten. Bei uns in der Bank unterstützen wir Sie bereits in der Planungsphase bei der Erstellung einer Übersicht der monatlichen Einnahmen und Ausgaben und der individuellen Berechnung Ihrer Wohnfinanzierung. So bekommen Sie frühzeitig ein Gefühl dafür, ob die Kreditrate in das monatliche Haushaltsbudget passt, und es kann mit einem guten Bauchgefühl geplant, gebaut, renoviert und eingerichtet werden.

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