roxs
1 Künstler, 8 verschiedene Länder, 10 Wände – und viele viele Spraydosen im Kofferraum.
Ein internationales Groß-Kunstprojekt mit dem der Sprayer „RoxS“ Street-Art weiter auf die Überholspur katapultiert.
Nach meinen beiden Aufenthalten in Frankreich fahre ich weiter nach Deutschland. Genauer gesagt nach Mainz. Es ist mein zehnter und letzter Tour-Stopp. Ich bin vor dem was auf mich zukommt sehr nervös und aufgeregt - Trotz der vielen Erfahrung die ich die letzten zwei Monate sammeln konnte. In Mainz wartet nämlich eine 180m² große Wand darauf von mir besprüht zu werden. Es ist die größte Fläche die ich bisher in meinem Leben zu bewerkstelligen habe.
Diese riesige Wand habe ich von der Landeshauptstadt zur Verfügung gestellt bekommen. Einzige Vorgabe: Es muss einen Johannes Gutenberg Bezug haben. Das ist jener Mann, der den Buchdruck erfunden hat. Wie ich dieses Thema umsetze ist dabei ganz mir alleine überlassen. Daher sich die Wand an einer der Hauptverkehrsstraßen der Stadt befindet wird sie mehrere Tage teil-gesperrt. Also ein großer Aufwand für ein großes Bild. Da kommt mir die Sehnenscheidenentzündung an meinem rechten Arm sehr ungelegen. Abbrechen ist keine Option. Mit einer Packung Schmerzmittel intus schaffe ich das monströse Werk binnen drei langer Tage fertig zu sprühen.
Erklärung vom Werk von Links: Man sieht eine lesende, junge Frau. So wie die Studenten die in der Universität oberhalb der Wand ihr Wissen vertiefen. Sie hält ein Buch in der Hand - welches durch die Erfindung des Buchdruckes hergestellt werden konnte. Das Wissen, welches sie erlernt wird durch den Wind symbolisch weitergegeben - die Blätter fliegen fort. Auf den einzelnen Seiten sind Details zu sehen (1440 das Erfindungsjahr des Buchdruckes, Johannes Gutenberg selbst, ein Arbeitsschritt vom Buchdruck). Diese Bewegung geht über in Wildgänse, welche das erlernte Wissen weiter in die Welt tragen.
Als kleines Easteregg: Johannes Gutenberg hatte ursprünglich Gensfleisch geheißen - GENSfleisch zwar ohne Umlaut "ä" geschrieben, hört sich aber vom Wortlaut an wie die Gänse und ist somit eine kleine Hommage an seinen ursprünglichen Namen. Generell verläuft das Werk von Links nach rechts, und kann damit assoziiert werden, dass man in die Zukunft blickt = Man lernt für seine Zukunft, die Welt steht einem offen. Und so geht meine Tournee mit diesem Werk zu Ende.
Ich bin raus in die Welt gefahren und habe einen Horizont erweitert. Ich bin meinen Träumen nachgegangen und konnte viele Erfahrungen sammeln. Meiner künstlerischen Entwicklung Platz geben. Für mich persönlich ist es auch ein Erfolgt, weil ich über meinen eigenen Schatten springen konnte um das Projekt „Europa Tournee“ umsetzen zu können. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal bei dem Sponsor Raiffeisenbank Ybbstal, dem Unterstützer Loop Colors Germany sowie dem Kooperationspartner NÖN von ganzem Herzen bedanken. Und auch Danke an alle Leser die mich auf diesem Abenteuer begleitet haben.
Die Reise geht von Belfort weiter in die nächste französische Stadt. Und zwar fahre ich nach Nancy. Ich komme sehr gut voran, weil die Landstraßen super ausgebaut sind. Am frühen Vormittag treffe ich bei der neuen Location ein. Es ist eine stillgelegte Eisenbahntrasse. Links und rechts stehen noch alte Bahngebäude. Alles ist angesprüht und man wird von einer Vielzahl an Kunstwerken begrüßt.
Ich fühle mich im ersten Moment als wäre ich in einer abgelegenen Gasse in den Bronx. Voller Freude über diesen eindrucksvollen Ort starte ich mein neues Mural zu sprühen. Ich entscheide mich dazu mein Vorhaben auf eine Metallwand zu malen. Anfangs habe ich sehr mühe mit der gewellten Oberfläche zurecht zu kommen. Aber mit der Zeit gewöhne ich mich immer mehr an die Gegebenheiten.
Bevor ich das Bild fertig bekommen zieht über mir ein Gewitter auf. Schnellstmöglich schmeiße ich meine ganzen Sachen ins Auto und flüchte ins Trockene. Ich warte vergeblich auf Besserung und entscheide mich kurzerhand in ein Hotel zu fahren. Dort angekommen fange ich erst mal damit an mein Gewand trocken zu föhnen um an nächsten Tag wieder einsatzbereit zu sein. Am nächsten Morgen weckt mich die Sonne und ich kann zurück zu meiner Wand. Ich male die letzten Details fertig und genieße die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Daraufhin fahre ich weiter ins Stadtzentrum um am Hauptplatz das französische Leben zu beobachten.
Ich sitze gemütlich in einem Café und schlürfe meinen Kaffee.
Als nächstes geht es nach Deutschland zu meinem letzten Tournee-Stop. Ich werde mich die nächsten Tage ausrasten und nochmal alle Kräfte sammeln. In Mainz wartet nämlich das größte Projekt der Tourauf mich.
Von der Schweiz geht die Tour weiter nach Frankreich. Entspannt fahre ich eine kleine schmale Straße entlang, welche sich durch dichte Wälder schlängelt. Ich bin ich mir nicht sicher, ob ich schon die Grenze hinter mir habe. Doch als ich ein kleines „France“ Schild neben der Straße stehen sehe ist meine offene Frage beantwortet. Der wohl kleinste Grenzübergang der mir bisher untergekommen ist – umso besser, dann gibt es auch keine Zollkontrolle.
Die Fahrt geht weiter nach Belfort. Etwa 3 Stunden vergehen und ich komme bei meiner neuen Wand an. Sie ist am Stadtrand gelegen und trennt einen Skaterplatz von einem Fußballstadion. Ein Ort der einen coolen Charme ausstrahlt. Ich sehe mich ein wenig um und finde einen passenden Abschnitt für mein neues Mural - quasi im letzten Eck. Allerdings genau richtig für mein Vorhaben.
Im Hintergrund ist von dort aus die leere Tribüne vom Stadion zu sehen. Ein Element, welches die Bedeutung von meinem Werk untermalen soll. Ich sprühe eine Geigenspielerin. Sie ist allein, mit viel Raum, in sich gekehrt – vor einem leeren Stadion. Kein Publikum, keine Zuhörer und Befürworter. Doch sie spielt ihr Stück ohne sich davon beeinflussen zu lassen. Voller Freude und Vertrauen für ihr Talent bleibt sie sich selbst treu und geht ihrer Leidenschaft nach. Auch, wenn sie alleine auf ihrem Weg ist und er schwer zu sein scheint, geht sie ihn.
Und für das steht das neue Werk: Sei dir selbst treu und verfolge deinen Traum. Nachdem das Werk fertig ist erkundige ich die Stadt. Es gibt viele schöne Cafés und ich genieße den französischen Flair bei einer heißen Tasse Kaffee. Ich wandere hoch zur Festung und flaniere über die riesige Anlage. In Gedanken denke ich über das rasche Fortlaufen der Tournee nach. Es ist schon der 8te Stop. Nur mehr zwei Wände und dann ist schon wieder alles zu Ende. Mal sehen was danach kommt. Als nächstes geht es auf jeden Fall erst nach Nancy – Frankreich.
Von Südtirol geht es weiter Richtung Schweiz. Gegen 22Uhr komme ich in die Nähe der Grenze an. Ich schlage mein Lager auf und verbringe die Nacht noch in Italien. Ich möchte nicht in der Dunkelheit in den Zoll kommen, deshalb warte ich den nächsten Morgen ab.
Um 6Uhr starte ich um über die Grenze zu fahren – und zu meiner Freude klappt alles ohne Probleme. Ich bin in der Schweiz und tuckere mit meinen vollgeladenen 90 PS starken Corolla den fast 2.400 Meter hohen Flüelapass hoch. Nicht nur dem Auto bleibt die Spucke weg, auch ich muss nach Luft schnappen als ich das atemberaubende Bergpanorama im Sonnenaufgang erblicken darf. Ein so schöner Anblick der mir wohl ewig in Erinnerung bleiben wird.
Über Landstraßen geht es weiter bis ins Seeland. Es ist mit 9 Stunden meine längste Strecke die ich zu fahren habe. Und auch die anstrengendste bisher, da die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Landstraßen 80km/h beträgt und das Ziel nicht näher zu kommen scheint. Irgendwie aber doch komme ich im Kanton Bern an. Der Bielersee empfängt mich mit seinem schimmernden blauen Wasser und ich nutze die Gelegenheit und springe ins kühle Nass.
Nach ein paar Tagen Erholung packe ich mein Atelier in einen kleinen Handwagen und fahre mit dem Zug zur Wand. Ich besprühe diesmal die Seitenwand einer Brücke. Gegenüber befindet sich eine Schule und einige Wohnhausanlagen. Es ist eine schöne Gegend und ich habe eine angenehme Zeit hier. Viele Passanten kommen vorbei und zeigen an meinem neuen Werk Interesse. So etwas freut mich immer sehr und zeigt auch, das Kunst im öffentlichen Raum eine Bereicherung ist.
Mein Mural zeigt eine in der Zeit schwebende Frau. Sie selbst ähnelt einer antiken, griechischen Statue und steht somit für die Vergangenheit. Die Umsetzung ist jedoch sehr modern und die Farbgebung futuristisch – was wiederum für die Zukunft steht. Und so bildet die Frau das Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft. Mein 7ter Tournee-Aufenthalt ist somit auch Geschichte und ich blicke in die Zukunft zur Nummer 8 – Belfort (Frankreich).
Von Udine (Italien) geht es weiter nach Südtirol. Auf der Karte sieht die Entfernung so klein aus, aber es ist eine sehr mühsame und nie endenden Autofahrt. Mein Plan ist eigentlich in Bozen zu sprühen. Doch ich halte schon in der Stadt Trient an – etwa eine Stunde vor Bozen und sehe mir eine alternative Wand an. In Bozen selbst würde ich nämlich auf einem Schulhof sprühen – und das während der Unterrichtszeit möchte ich nicht.
Ich finde eine nette Unterführung in einem Park. Schön im Schatten gelegen, eine ruhige Gegend und genügend Platz für ein großes Bild. Ich überlege nicht lange und entscheide mich hier ein Werk zu kreieren. Einen Plan, was ich überhaupt machen möchte, habe ich noch nicht. Aber ich beginne einstweilen die Wand zu streichen. Währenddessen thronen in der Ferne die Dolomiten in der Sonne. Ein dermaßen beeindruckender Anblick der mich dazu inspiriert Steinadler zu sprayen.
Und so setzte ich eine Komposition aus drei Adlern um, die in verschiedenen Perspektiven zu sehen sind. Ich verwende für die Umsetzung lediglich unterschiedliche Türkis-töne in Kombination mit der Highlight-Farbe Gelb. Der verwachsene Durchgang erstrahlt nun in frischen Farben und bringt eine ganz eigene Stimmung mit sich.
Danach fahre ich weiter nach Bozen um mir die Stadt anzusehen. Den klassischen italienischen Flair finde ich vor, das ist auch schön. Ansonsten empfinde ich den Blick auf die Berge als das Sehenswerteste der Stadt. Mit einem wohlig vollen Magen - leckere Pizza muss man einfach im schönen Italien essen - suche ich mir einen Stellplatz etwas außerhalb der Stadt und schlage mein Lager auf. Eine weitere Nacht im Hotel-Auto bevor ich mich auf die Weiterreise in die Schweiz vorbereite.
Ich finde einen Weg durch die verwachsenen Wälder Sloweniens und komme in die italienische Grenzstadt Görz. Vor Grenzübertritt tanke ich noch schnell mein Auto voll – den Spitzenpreis um rund 1,50€ pro Liter Benzin wollte ich mir nicht entgehen lassen. Kurzerhand auch noch in den Supermarkt um zwei Vanille-Joghurts als Frühstück zu kaufen. Gut gestärkt fahre ich durch Görz und bin verblüfft als ich die Grenze vor mir sehe.
Man kann es sich wie einen Bahnübergang vorstellen, der halt mitten in der Stadt ist. Du fährst um die Hausecke und plötzlich sind lauter Ampeln und Schranken vor dir, ein großes Tor und 25 Meter weiter, durch den Schilderjungel, eine „andere“ Welt. Das war sehr spannend zu sehen, wie so ein Länderwechsel innerhalb einer Stadt aussieht.
Man merkt sofort das italienische Temperament auf der Straße, ein Zeichen für mich, dass ich am richtigen Weg bin. Ich schlage mich durch bis Udine an die Wand. Vor Ort ein großes Event: ein 12 Stunden Lauf. Toll, alle Wände sind für Stunden verstellt und ohnehin ist es zwischen so großen Menschenansammlungen nicht entspannt zu malen. Ich suche nach einer legalen Alternative und finde am Gelände eine abgelegene Nische die ich besprühen kann. An der linken Seite von der Wand ist ein Durchgang durch den die Sonne scheint. Dieser Lichteinfall macht eine so mystische Stimmung, dass ich kurzerhand entscheide ein Werk im Stil von Pécs zu sprayen – also etwas kräftiges, dynamisches & vom Licht lebendes Bild.
Es entstanden zwei Stiere die gegeneinander stoßen. Ringsumher aufgewühlter Staub und Dreck. Auf die Körper der kräftigen Tiere legt sich ein hartes Licht. Die Stiere selbst stehen quasi in der Dunkelheit und werden durch den Lichteinfall lebendig. Ich bin mit der Umsetzung und dem Stil wieder sehr zufrieden – es macht einfach Spaß zur Abwechslung mal etwas „unsauberer“ zu sprayen, im Vergleich zu den eher braven Porträts. Etwas außerhalb von Udine schlage ich zum ersten Mal mein Zelt auf und verbringe die Zeit in der Natur. Prinzipiell sehr schön und erholsam, ich genieße die Zeit – allerdings wäre es etwas bequemer mit einer Isomatte. Diese hatte am ersten Tag, beim Einpacken vom Auto, den viele Spraydosen weichen müssen.
Über Bergstraßen und nie endende Wälder geht es weiter nach Slowenien. Genauer gesagt in die Hauptstadt nach Ljubljana. Der erste Weg führt mich direkt zur Mauer. Allerdings wird die Vorfreude durch strömenden Regen und nicht all zu schönen Plätzen der Stadt betrügt. Etwas demotiviert bereite ich mich für die Sprayaktion am nächsten Tag vor. Laut Wetterbericht soll es ein paar regenfreie Löcher geben. Die Nacht vergeht und so auch die Demotivation.
Ich stehe auf, die Sonne scheint mir ins Gesicht und die Freude ist wieder voll da. Angekommen an der Wand erfahre ich, dass es eine ehemalige Gefängnismauer ist. Und erst jetzt wird mir der Charme dieses Gemäuers erst wirklich bewusst. An der Oberseite Stacheldraht, rings um die Wand alte Gefängnisgebäude und generell die Gegend sehr urban und in die Jahre gekommen.
Ich hole die Fassadenfarbe aus dem Auto und beginne schnurstracks die Wand zu streichen. Und schon kommen die ersten Interessenten. Es stellt sich heraus, dass es Deutsche sind – was sehr schön war, denn nach so vielen Wochen der Einsamkeit tat es wieder mal gut mit anderen Leuten (vor allem auf deutsch) tratschen zu können. So verbrachte ich viele schöne Stunden an der alten Gefängniswand und konnte ein riesig großes Porträt sprühen. Mit der Stimmigkeit der Farben bin ich sehr zufrieden. Es wirkt alles sehr frisch und fröhlich – so soll es sein. Ein neues Mural, dass perfekt an diesen Ort passt.
Nach dem ersten Tief in Ljubljana hat sich der Tourneestop als einer der Schönsten bisher herausgestellt. Die Stadt, die Menschen und die Spray-Location waren einfach nur unglaublich. Von der Hauptstadt raus führte mich der Weg in das Hinterland von Slowenien, wo ich noch zwei Tage Pause machte um mich zu erholen. Nun bin ich auch schon auf dem halben Weg nach Udine (Italien) – von dort wir uns wieder hören werden.
Von Ungarn geht es weiter in den Süden nach Kroatien. Ich passiere die Grenze und fahre durch ein kleines Dorf nach dem Anderen. Die Tankanzeige geht stetig runter und im Gegenzug die Temperaturanzeige hoch. Bei 39°C stagniert sie allerdings und ich komme an der neuen Wand an. Nach einer kurzen Inspektion hole ich meine Spraydosen aus dem Kofferraum um die ersten Striche vorzuziehen. Es ist diesmal ein sehr schöner Spot. An einer großen Straße gelegen und hinter der Mauer gibt es eine gigantisch große Firma – was für das abschließende Foto super ist, da ich es gut in die Komposition mit einbinden kann.
Nichts desto trotz bereitet mir die Hitze große Sorgen und ich muss die Spraysession unterbrechen. Es ging einfach nicht mehr, ich war erledigt. Als kleines Beispiel: Ich hatte mich mit der linken Hand an der Wand ohne Handschuh abgestützt und mir die Finger verbrannt. Es fühlte sich an, wie als wenn ich auf eine heiße Herdplatte griff. So saß ich die Hitze unter einem kleinen Baum aus und machte mir am Bordstein mit meinem Gaskocher Ravioli.
Gegen Abend wurde es etwas kühler und ich konnte das 11 Meter breite Mural, welches eine Frau zeigt, fertig sprühen. Im Gesamten geht es mir gut. Also mein Körper ist sehr erschöpft und die Tournee ist wirklich kräftezehrend, das habe ich in diesem Ausmaß im Vorhinein nicht gedacht. Ich muss lernen mir Erholungszeiten zu geben und vor allem muss ich darauf achten anständig zu essen. Wenn ich stundenlang an der Wand stehe vergesse ich das meist und mir kommt erst spät am Abend in den Sinn, dass ich seit dem Frühstück noch keinen Bissen gegessen habe. Aber trotzdem habe ich große Freude an dem was ich erlebe und mache und genieße jeden Tag.
„Ich packe mein Lager zusammen und tuckere mit dem Auto auf holprigen Straßen von der Slowakei weiter nach Ungarn. Ich fahre alles auf Bundesstraßen und komme sozusagen durch jedes Dorf. Zeitweise sind die Schlaglöcher so groß, dass man Slalom fahren muss – es ist dennoch sehr schön und eindrucksvoll zu sehen. Hier im Hinterland ist alles etwas ruhiger und entspannter finde ich.“ Kaum über den verlassenen Grenzübergang gekommen ist auch schon Pécs vor mir.
Auf direktem Weg führte mich mein Navi an die besagte Wand die ich gestalten möchte. In dem Fall hatte ich mir das allerdings leichter vorgestellt, als es wirklich kam. Die Wand befand sich um einen kostenpflichtigen Parkplatz der unter der Obhut einer Parkplatzwächterin stand. Sie konnte kein Wort englisch und ich konnte kein Wort ungarisch – so haben wir uns prächtig unterhalten und sind zu dem Entschluss gekommen, dass ich vom Platz verschwinden soll. Erst hatte ich bange, dass ich schon beim Zweiten Tourneestop nicht malen kann. Doch der Parkplatz war am Wochenende kostenlos – und somit unbewacht. Ein Lichtblick mit einer Chance die ich ergriff.
Bei 34°C nahm ich meine Spraydosen in die Hand und startete den Entwurf auf das in der Sonne stehende Gemäuer zu sprühen. „Während dem Malen liefen mir nicht nur Schweißperlen vom Gesicht runter, mir gingen auch Gedanken durch den Kopf. Und zwar, wie verrückt es eigentlich ist, dass ich gerade irgendwo in Ungarn stehe und meine Kunst auf eine Wand bringen kann.
Es fühlt sich alles noch so surreal an. Ich denke ich brauche noch ein paar Tage bis ich mir wirklich bewusst werde was ich gerade erleben darf.“ Zurück aus den Gedanken wieder an die Wand – ich setzte ein Tiermotiv um in einem Stil, den ich bisher noch nie gesprüht hatte. Auf drei Hauptfarben reduziert mit abstrakter & grober Linienführung. Viele Farbspritzer und starke Kontraste – ein sehr dynamisches Bild, welches zwei Bären zeigt die gegeneinander kämpfen. „Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis.Gerade das Licht und Schattenspiel gefällt mir sehr.“ Und so wendete sich doch noch alles zum Guten und ich hatte eine grandiose Zeit am Parkplatz.
Endlich geht es los! Nach fast einem halben Jahr Planungszeit und vielen schlaflosen Nächten, ob das wirklich alles so klappt wie ich es mir vorgestellt habe, starte ich mein Auto und fahre aus Waidhofen. Kurz davor hatte ich noch logistische Probleme die 140 Spraydosen ins Auto zu bekommen – In meinen Gedanken war der Kofferraum irgendwie größer und die Dosen vom Volumen her kleiner.
Die erste Fahrt ging sehr gut und problemlos und ich war sehr schnell in Trnava, Slowakei. Ich fuhr auf direktem Weg zur Wand und mein erster Eindruck war überwältigend. Denn, es war eine gigantisch große Mauer. Grob geschätzt fast doppelt so hoch wie die Berliner Mauer. Da kam Freude auf, weil ich grenzenlos in die Höhe arbeiten kann. Sofort holte ich die Fassadenfarbe aus dem Auto und begann die Wand zu streichen.
So schnell ich anfing war auch schon plötzlich die Polizei neben mir. Im ersten Moment dachte ich: „Ok das wars, ich kann wieder heim fahren.“ Doch meine Gedanken wurden eines besseren belehrt. Sehr sympathische Beamte die selbst mal Sprayer waren und einfach nur daran interessiert waren, was ich malen werde. Dann war der erste Tag auch schon zu Ende und ich baute mein Auto zu einem Schlafzimmer um.
Die erste Nacht in der kleinen Corolla-Höhle. Und wie war sie? Nicht sehr berauschend. Es war sehr stickig und durch den Stadtverkehr sehr unerträglich laut, wodurch ich nicht viel schlafen konnte. Hatte allerdings den Vorteil, dass ich schon um 7 Uhr an der Wand stand und an meinem Bild weiter sprühte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl endlich an der Wand zu stehen und loszulegen. Nach so viel Vorbereitung endlich das wesentliche machen - Sprayen.
Das erste Motiv wurde ein Frauenporträt mit einer Kappe. Etwas modernes und urban wirkendes. Es passte perfekt an den Ort, weil die Dame regelrecht durch die beiden Bäume blickt. Gegen Ende des Tages konnte ich meine erste Wand fertig malen. Mit dem Skateboard habe ich noch einen kurzen Abstecher in die Stadt Trnava gemacht. Dann ging es schon weiter auf den Weg Richtung Ungarn und ich verbrachte die nächste Nacht im Nirgendwo – allerdings in angenehmer Stille der Natur.
TOURNEESTART
Die Tour hat noch nicht mal angefangen und die ersten Schwierigkeiten kommen auf. Beim Versuch alle Sachen im Auto unterzubringen kommt der Corolla an seine Grenzen –
und ich ebenfalls. In meinen Gedanken war der Kofferraum größer und die 140 Spraydosen vom Volumen her kleiner.
Das Wichtigste für die Umsetzung ist allerdings die Farbe, deshalb musste etwas Wechselgewand zu Hause bleiben um die logistischen Probleme lösen zu können.
ENDLICH GEHT ES LOS! 😃
„Es wird ein Stück Zeitgeschichte von dem noch unsere Enkelkinder sprechen werden“, gibt der 28-jährige RoxS (bürgerlich Pascal Gruber) von sich. Es ist seine erste Tournee, bei der der Berufskünstler über einen Zeitraum von mindestens 6 Wochen quer durch Europa fährt und seine Kunst großflächig an Wände malt.
„Ich habe mir im Vorhinein über verschiedene Plattformen und Foren im Internet Wände gesucht, die ich besprühen kann – natürlich legal.“ Mittelpunkt der künstlerischen Gestaltung sind realistische Porträts in Kombination mit abstrakten Formen.
Ein markanter Stil den der Künstler, seit mittlerweile 11 Jahren, immer weiter perfektioniert hat.
RoxS: „Im Fokus steht bei mir meine künstlerische Weiterentwicklung. Ich erhoffe mir durch das Projekt an mir selbst zu wachsen.
In dieser intensiven Zeit wird es viele Höhen und Tiefen geben. Diese möchte ich aufgreifen und mit meinen Spraydosen an die Wand bringen. “Es ist moderne Street-Art Kunst welche im öffentlichen Raum wirkt. Oftmals nur temporär,
beeinflusst sie die Menschen an bestimmten Orten.
Um diese statischen Wände aber auch nach Österreich zu bringen hat sich der Künstler etwas überlegt:
„Es wird von jeder Wand die ich sprühe ein Dokumentationsvideo geben welches ich auf YouTube veröffentliche.
So können Interessierte nahezu live dabei sein. Zum Abschluss wird es dann eine Vernissage in Waidhofen/Ybbs geben.
Dort werden Fotografien ausgestellt und somit kommen die Wände aus ganz Europa in meine Heimatstadt.“
Am 23.8.23 startet er mit seinem kleinen Corolla in die Ost-Slowakei.
Dann geht es über Ungarn, Kroatien, Slowenien, Italien bis in die Schweiz.
Von dort geht es weiter nach Frankreich und Deutschland bis er wieder zurück nach Österreich kommt.
.
.