01.04.2021 - "Wir sind ein Unternehmen vom Land"
Die neue Unternehmenszentrale der RWA soll auch Ausdruck der neuen Firmenkultur sein. Die Raffeisenzeitung sprach mit RWA-Generaldirektor Reinhard Wolf über Konzepte, Impulse und Lieblingsorte.
Die RWA hat im Spätherbst ihre neue Unternehmenszentrale in Korneuburg bezogen. Warum war es notwendig, ein neues Zuhause zu bauen?
Reinhard Wolf: Aus zwei Gründen: Erstens sind wir in unserem alten, eingemieteten Standort am Wienerberg in der Situation gewesen, dass wir dort investieren hätten müssen. Und in einen gemieteten Standort zu investieren, der ohnehin nicht optimal ist, wollten wir nach Möglichkeit vermeiden. Aber zweitens war mir ganz wichtig, einen Standort zu finden, wo sich RWA und die Lagerhäuser wiederfinden, wo man unsere Identität erkennt und wo wir auch eine eigene Firmenkultur entwickeln können. Und hier am RWA-Campus ist ja nicht nur ein Bürogebäude entstanden und eine Unternehmenszentrale, hier befindet sich auch ein großer Teil unseres Leistungsspektrums. Es gibt eine Saatgutproduktion, ein Ersatzteillager, die John Deere World, ein Großhandelslager für Weinbau und einen Flagshipstore mit dem kompletten Sortiment aus Bau-/Gartenmarkt. Das heißt, wir haben alle Aktivitäten auf eigenem Grund und Boden zusammengeführt und bilden damit die gesamte Lagerhauswelt ab.
Welche Rolle spielte bei der Wahl des Standorts die Nähe zur ländlichen Region?
Wolf: Vorweg möchte ich betonen, dass die RWA eine Bundesorganisation ist, wir sind gleichermaßen für alle Länder Österreichs und alle Regionen Österreichs verantwortlich – ganz gleich, wo die Firmenzentrale ist. Die Nähe zur Region ist aber natürlich etwas, das uns stark prägt. Wir haben uns auch Standorte in Wien angesehen, sozusagen, um nicht so einen weiten Weg machen zu müssen. Wir haben aber festgestellt, dass wir ein Unternehmen "vom Land" sind, wir sind die Dachorganisation der Lagerhäuser, die Kraft fürs Land. Insofern war es auch für uns naheliegend, den Schritt aufs Land zu machen. Natürlich mit einer guten Verkehrsanbindung zu Wien – Korneuburg ist hervorragend angebunden. Und wir haben hier optimale Voraussetzungen vorgefunden, weil Teile unseres Unternehmens schon da waren.
Wie hoch lagen die Investitionen in den neuen Standort?
Wolf: Das Bauvolumen liegt bei rund 38 Millionen Euro. Damit sind wir absolut im Budget geblieben und auch zeitlich im Plan. Das Projekt wurde mehr als vorbildlich abgewickelt und durchgeführt. Dafür gilt allen Beteiligten Dank – das sind die Mitarbeiter bei uns im Unternehmen, die an der Projektabwicklung beteiligt waren, sowie das Architektenteam und unser Generalunternehmen. Es hat rundum perfekt funktioniert.
Die neue Zentrale wird RWA-Campus genannt. Aus welchem Grund?
Wolf: Campus kommt aus dem Lateinischen und heißt Feld oder Acker. Daher durchaus etwas, das uns naheliegt. Hier auf dem RWA-Campus präsentieren wir nun das breite Feld unserer verschiedenen Unternehmensbereiche, hier arbeiten Mitarbeiter aus den Bereichen Agrar, Technik, Energie, Bau- und Garten sowie Baustoffe Seite an Seite an einem gemeinsamen Ziel. Mit dem Ausdruck "RWA-Campus" unterstreichen wir vor allem aber auch die Bedeutung als Ort, an dem wir uns zukünftig gemeinsam weiterentwickeln und wachsen wollen.
Welches Konzept steht hinter diesem markanten Bau?
Wolf: Wir wollten einen modernen, zweckmäßigen Standort für unseren Bürobetrieb errichten, der zudem eine Heimstätte für die Lagerhäuser bildet. Unser neuer und moderner Bürostandort soll auf unaufdringliche Art und Weise unsere Stellung als bedeutender österreichischer Konzern und Dachunternehmen der Lagerhäuser unterstreichen.
Wie sehr hat das Thema Nachhaltigkeit bei der Planung bzw. beim Bau eine Rolle gespielt?
Wolf: Wir erreichen an diesem Standort den sogenannten "klimaaktiv Gold Standard" und sind mehr oder weniger energieautark, d.h. wir haben auf all unseren Dachflächen Photovoltaik-Anlagen und beheizen und kühlen das Haus mit Erdwärme. Dort, wo es möglich war, haben wir mit Holz gebaut – der gesamte Bereich des Restaurants und des Agro Innovation Labs ist ein reiner Holzbau, gebaut von einem niederösterreichischen Lagerhaus aus niederösterreichischem Holz.
War die Übersiedlung für die Mitarbeiter schwierig?
Wolf: In Summe bin ich sehr positiv beeindruckt, wie die Mitarbeiter hier mitgegangen sind. Natürlich ist klar, dass jene, die aus dem Süden von Wien kommen, nicht erfreut waren. Und ehrlich gesagt, sind auch einige von denen diesen Weg nicht mitgegangen. Was ich in den vergangenen vier Monaten, die wir jetzt da sind, miterlebe, ist eine sehr positive Stimmung. Die Mitarbeiter haben den Standort gut angenommen, obwohl wir wegen der Pandemie unsere Übersiedelung bisher gar nicht feiern konnten. Aber was ich aus dem direkten Gespräch mit den Mitarbeitern erfahre, ist, dass sie sehr beeindruckt sind. Wir bieten hier auch einen "Best Place to Work" – mit viel Freizeit- und Sporteinrichtungen für die Mitarbeiter. Wir haben einen großen Park vor dem Haus, der auch von den Mitarbeitern in Anspruch genommen werden kann. Wir haben eine sehr gute Anbindung mit der Eisenbahn und mit der Autobahn. Für Mitarbeiter, die zum Bahnhof müssen, stellen wir einen Elektro-Scooter zur Verfügung. Wir bieten auch eine sehr ordentliche Verpflegung hier am Standort an. Ich glaube, wir haben sehr viel getan, um einen wirklich guten, attraktiven, zeitgemäßen Arbeitsplatz anbieten zu können.
Welche Auswirkungen hatte dieser Schritt auf die Unternehmenskultur?
Wolf: Mit dem neuen Bürogebäude und der offenen Architektur wollten wir auch die Grundlage für eine neue Unternehmenskultur schaffen und die Kommunikation untereinander fördern. Und ich denke, das ist uns ganz gut gelungen. Was ich jetzt schon merke, ist ein sehr offenes Miteinander. Es gibt jetzt so viele Schnittpunkte in diesem Unternehmen, wo man sich trifft, wo man miteinander kommunizieren kann, wo man sich austauschen kann, wo man auch die Chance hat, gemeinsame Projekte und Ideen zu verfolgen. Und das alles in einem attraktiven, inspirierenden Umfeld, in dem man gerne ist und auch gerne bleibt, wo man aber nicht nur zum Arbeiten herkommt, sondern auch, um positive Menschen zu treffen, mit denen man vielleicht auch gerne gemeinsam ein Stück des Lebensweges geht.
Die Entscheidung für den neuen Standort ist vor Ausbruch der Pandemie gefallen. Passt das Konzept noch in der Corona-Krise – Stichwort Homeoffice, Digitalisierungsschub, etc.?
Wolf: Natürlich gab es Diskussionen, ob Open Space-Konzepte in einer Pandemie, in der wir von einem Virus bedroht werden, richtig ist. Ich glaube aber ja, weil wir erstens unser Raumkonzept in Kombination mit Mobile Working umgesetzt haben und wir zweitens sehr flexibel sind, was die Verteilung der Arbeitsplätze betrifft und viele Rückzugsmöglichkeiten haben. Und drittens stellt sich die moderne Gebäudetechnik so dar, dass wir hier Be- und Entlüftungssysteme haben mit hohem Luftaustausch und hoher Filterwirkungen. Ein modernes Gebäude kann technisch einiges bieten, insofern denke ich, sind die Sorgen schnell entkräftet worden.
Welche Bedeutung hat die Übersiedlung der RWA, die ja auch ein interessanter Arbeitgeber ist, für die Region?
Wolf: Unsere Übersiedelung geht langfristig sicherlich mit einem Impuls am regionalen Arbeitsmarkt einher. Wir merken jetzt schon, dass wir viele Blindbewerbungen von Leuten aus der Umgebung bekommen. Das ist gut, das freut uns. Korneuburg ist insgesamt im unmittelbaren Speckgürtel von Wien eine sehr aufstrebende Region, die Stadt wächst und es gibt eine Reihe von modernen Wohnbauprojekten. Auch das öffentliche Verkehrsnetz nördlich von Wien ist gut ausgebaut.
Was gefällt Ihnen persönlich am besten am RWA-Campus?
Wolf: Ich habe keinen Lieblingsort, mir gefällt es im ganzen Haus gut und ich bin überall gerne. Ich bin ein Mensch, der gerne arbeitet, daher bin ich gerne bei mir im Büro. Zwangsweise sind aber tagsüber viele Besprechungen, da fühle ich mich in allen Besprechungsräumen wohl. Wie man unschwer erkennt, bin ich jemand, der gerne isst und trinkt, daher fühle ich mich irrsinnig wohl im Restaurant "Friedrich Wilhelm". Und ich genieße es, am Abend mit Kollegen vielleicht in der Bibliothek auch ein Glas Wein zu trinken und sich auszutauschen. Wenn es dafür in einem Unternehmen Platz gibt, ist das doch schön, oder?
Quelle: Raiffeisenzeitung; Interview: Edith Unger
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