01.06.2021 - Mobilität im Umschwung

Änderung im Verkehrsverhalten durch COVID-19. Von Julian Klune, ÖSSFO

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Neben vielen Veränderungen im täglichen Leben, hat sich durch COVID-19 besonders das Mobilitätsverhalten der Österreicher*innen gewandelt. Home-Office, Distance-Learning, Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen haben dazu geführt, dass sich unsere Wege reduzieren und auf andere Verkehrsmittel umgestiegen wird.

Der Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der TU Wien sowie das Institut für Verkehrswesen der BOKU Wien haben diesen Umschwung im Mobilitätsverhalten näher untersucht.

Viele Menschen haben im vergangenen Jahr vermehrt auf das Rad für Alltags- und Freizeitwege zurückgegriffen. Der Anteil an mit dem Rad zurückgelegten Wege hat sich in Wien von 7 % im Jahr 2019 auf 9 % im Jahr 2020 erhöht. Auch die Wiener Dauerzählstellen verzeichnen ein Plus von 12 % der Radverkehrsmenge gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Ein besonders hoher Anstieg zeigt sich zudem an Zählstellen mit überwiegend Freizeitverkehr wie am Donaukanal mit 33 %.

Die Darstellung des Modal Split, also die prozentuale Verteilung der genutzten Verkehrsmittel zeigt die Zunahme des Radverkehrs deutlich. Aber auch der Fußverkehr machte im Jahr 2020 einen besonders großen Anteil der zurückgelegten Wege aus. Bemerkenswerterweise kam es in Wien trotz COVID-19 zu keiner Zunahme beim motorisierten Individualverkehr durch die COVID-19 Maßnahmen. Damit ist der Umweltverbund (Rad, Fuß und Öffentlicher Verkehr) weiterhin etwa auf dem Jahresniveau von 2019.

Auch die im Auftrag der Mobilitätsagentur Wien untersuchten Pop-up Radwege sind laut dem Co Autor der Begleitstudie DI Ulrich Leth (TU Wien) ein Erfolg: „Die Ergebnisse sind eindeutig: die Pop-up-Radinfrastruktur in der Wagramer Straße, Lassallestraße, Praterstraße und Hörlgasse wurde sehr gut angenommen.“

Laut dem Institut für Verkehrswesen der BOKU Wien hat sich jedoch grundsätzlich die Wegdistanz während des ersten Lockdown massiv verringert. Bedingt durch die Ausgangsbeschränkungen sank die durchschnittliche Reisedistanz der Teilnehmer*innen der Erhebung von 260 km/Woche auf 30 km/Woche ab. Dieser Rückgang ließ jedoch rasch wieder nach und Ende Juli 2020 waren bereits 80 % des Vor-Lockdown-Niveaus erneut erreicht.

Neben der Reisedistanz kam es während des Lockdowns auch bei der Anzahl der zurückgelegten Wege zu einem Rückgang um etwas mehr als ein Drittel bei den Befragten. Sowohl prozentual als auch absolut gesehen zeigt auch diese Untersuchung, dass die Menschen vermehrt auf das Fortbewegungsmittel Rad umsteigen. Die Differenzierung nach Geschlecht ergibt zudem, dass dieser Zuwachs hauptsächlich durch die männlichen Befragten erreicht wird. Ebenfalls ist der enorme Rückgang der Wege, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln während des Lockdowns zurückgelegt wurden, deutlich sichtbar.

Die Untersuchungen der TU Wien und der BOKU Wien zeigen eindrucksvoll, dass sich unser Mobilitätsverhalten aktuell wandelt. Den bereits eingeleiteten Umschwung können wir nun nutzen, um unsere Verkehrssysteme österreichweit gesundheitsfördernder und umweltfreundlicher zu gestalten. Der weit verbreitete Einsatz von Home-Office während der Lockdowns hat verdeutlicht, dass sich Wege zum Arbeitsplatz sowie viele Dienstreisen durch digitalen Verkehr ersetzen lassen. Ebenfalls zeigte die schnell umgesetzte Bereitstellung von öffentlichen Flächen für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen in Form von Pop-up Radwegen sowie Pop-up Begegnungszonen, dass die Attraktivierung der Verkehrsinfrastruktur zu einer verstärkten Nutzung führt. Gleichzeitig müssen verkehrspolitische Maßnahmen ergriffen werden, um die Menschen wieder zur Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu ermutigen und deren Sicherheitsgefühl zu stärken. Eines ist sicher, unsere Mobilität ist im Umschwung und gemeinsam können wir diese in Zukunft nachhaltiger gestalten.

 

Weiterführende Links und Quellen

https://blog.fvv.tuwien.ac.at/2021/04/wiener-pop-up-radwege-waren-ein-erfolg/

https://ive.boku.ac.at/covid/