04.03.2021 - Erfolgreich Kontakt knüpfen

Frauen sind in den letzten Jahren verstärkt auch in Führungspositionen angekommen. Von Gleichberechtigung kann trotz allem nach wie vor keine Rede sein. Ein Umstand, dem immer mehr Frauennetzwerke auch in der Raiffeisen-Familie entgegenzuwirken versuchen.

Guadalupe Landa- Rosas, Eva Flicker, Ingrid Krenn-Ditz, Andrea Pelinka-Kinz, Tatjana Lackner und RBI-Chef Johann Strobl beim RBI Women Forum im Jänner 2019
© RBI
Guadalupe Landa- Rosas, Eva Flicker, Ingrid Krenn-Ditz, Andrea Pelinka-Kinz, Tatjana Lackner und RBI-Chef Johann Strobl beim RBI Women Forum im Jänner 2019

Wider die gläserne Decke

Trafen sich Frauen in der Vergangenheit vor allem im engeren oder privaten Umfeld, so entwickelten sich ab dem 19. Jahrhundert Frauenverbände, die sich verstärkt für die Sichtbarmachung der Leistungen von Frauen sowie das Recht auf die gleiche Bildung wie Männer einsetzten. Mit dem zahlenmäßig größeren Eindringen in die Berufswelt begannen vermehrt auch Netzwerke das Licht der Welt zu erblicken, die sich explizit den Bedürfnissen selbständiger, arbeitender Frauen annahmen. Längst haben Frauen Männer, beispielsweise was die Zahl der Uniabschlüsse anbelangt, überholt, stoßen jedoch nach wie vor an die sprichwörtlich gläserne Decke, wenn es darum geht, die erworbenen Fähigkeiten zielbringend für die eigene Karriere einzusetzen. Einen entscheidenden Faktor für den beruflichen Erfolg bilden neben dem Wissen die nötigen Kontakte. Gerade in diesem Punkt herrscht jedoch oftmals ein Defizit. Ein Manko, das mit Hilfe von Frauennetzwerken überbrückt werden soll. Vermehrte Kontakte können die eigene Karriere vorantreiben und anderen Frauen beim Aufstieg behilflich sein. Voraussetzung dafür sind regelmäßige Treffen, in denen man sich kennenlernen und Vertrauen aufbauen kann. "Die Idee ist, dass man mehr schafft, wenn man sich vernetzt, gemeinsam Ideen spinnen kann", betont Guadalupe Landa-Rosas, die 2018 mit Andrea Pelinka-Kinz das RBI Women Forum gegründet hat.

 

Zugang zu Informationen

Kennengelernt haben sich die Forum-Initiatorinnen bei einer Weiterbildung. Auffallend war, "dass die meisten der im Raum Anwesenden noch nie persönlich Kontakt hatten", so Landa-Rosas. "Das war die Initialzündung, das Netzwerk zu starten." Das Women Forum veranstaltet regelmäßig Gesprächsrunden mit weiblichen Führungspersönlichkeiten und Vertretern des Vorstands. Die Veranstaltungen bieten Gelegenheit, sich nach dem offiziellen Teil auszutauschen. Gerade Netzwerktreffen leben davon, dass Vorträge und Diskussionen abseits von Hierarchien stattfinden und damit eine Möglichkeit bieten, auf ein und derselben Ebene mit Personen Kontakte zu knüpfen, zu denen man außerhalb des Netzwerkes keinen Zugang hätte. "Da viele Frauen am Abend oftmals schwer Zeit haben, beginnen wir um 18.00 Uhr. Im Gegensatz zu Männern gehen Frauen weniger überraschend noch etwas trinken und nutzen die Zeit zum Netzwerken", erzählt Landa-Rosas.

Dass Frauen anders netzwerken als Männer weiß auch Bettina Kastner, Koordinatorin des 2014 gegründeten Funktionärinnen-Beirats des Österreichischen Raiffeisenverbandes: "Das Netzwerken ist bei Männern als gelebte Praxis im Arbeitsprozess integriert. Das muss auch bei Frauen zum Arbeitsalltag und zur Selbstverständlichkeit werden, um verstärkt an relevante Informationen zu kommen und sich gegenseitig zu stärken und zu unterstützen."
 

Frauen in den Vorstand

Dass gerade im Bereich der Führungspositionen nach wie vor viel über Mundpropaganda geschieht, betont auch Veronika Lammer, Retail Research Managerin bei der Raiffeisen Bank International und Beirätin der Fondsfrauen, ein Karrierenetzwerk zur Förderung von Frauen in der Finanzbranche. Gerade diese sei "noch stark männlich orientiert mit ausgeprägten Beharrungskräften. Veränderungen sind schwierig, nicht zuletzt, weil es natürlich auch darum geht Machtpositionen abzugeben. Da braucht es viel Geduld und Energie", so Lammer. Dass es neben diesen oftmals auch den Druck von außen benötigt, wird ersichtlich, wenn man sich die aktuellen Zahlen von Frauen in Vorständen anschaut. In einer 2020 herausgegebenen Studie des Beratungsunternehmens EY geht hervor, dass von 191 Vorständen in börsenotierten Unternehmen in Österreich aktuell nur 14 Frauen sind. Für Lammer wäre eine verbindliche Quote, wie sie in Deutschland für alle DAX-Unternehmen eingeführt werden soll, sinnvoll. "Ein Argument, das oft vorgebracht wird, ist, dass der Vorstand vom Aufsichtsrat besetzt wird und dass der Vorstand nichts machen kann. Der Vorstand kann jedoch dafür sorgen, dass eine Ebene unter ihm genügend Frauen vorhanden sind, um einen Pool zu schaffen, aus dem geschöpft werden kann. In der zweiten Ebene ist man heute oft schon zufrieden, wenn man einen Frauenanteil von 30 Prozent hat", betont Lammer.

Nach wie vor als problematisch für Frauen, die Karriere machen wollen, sieht Lammer zudem, dass Mutterschaft nach wie vor "als Makel angesehen wird". Mutter sein heißt: "Dinge organisieren, Verantwortung übernehmen, Krisen bewältigen. Das ist letztendlich ein tolles Management-Training. Auch für Väter", so Lammer.

Anreizsysteme zu schaffen, dass auch Männer vermehrt in die Karenz gehen würden , wäre auch für Bettina Kastner wünschenswert. "Nach der Karenz landen außerdem viele Frauen in der Teilzeit. Das führt wiederum zu einer weiteren Vergrößerung der Einkommensschere", so Kastner.
 

Neue Chancen nutzen

Gerade die Corona-Pandemie hat aktuell gezeigt, wie schnell Haushalt und Kinder in den Zuständigkeitsbereich von Frauen (zurück)fallen. Unternehmen sind gefordert, durch ein flexibles Arbeitsumfeld, beispielsweise die Möglichkeit von zuhause zu arbeiten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (auch für Männer) zu erleichtern. "Die Krise hat gezeigt, man kann den Leuten vertrauen. Gewisse Themen lassen sich sehr gut von zuhause erledigen", so Landa-Rosas.

Dass das Digitale auf Dauer nicht die persönlichen Kontakte ersetzen kann, darin herrscht jedoch allerorts Einigkeit. "Es geht bei Netzwerktreffen auch darum, sich gegenseitig Mut zu machen. Es gibt nach wie vor viele Männer, die unsere Anliegen nicht verstehen. Auch deshalb ist es wichtig das Thema stets bewusst zu halten. Frauen zu fördern ist ja keineswegs Selbstzweck. Gemischte Teams haben andere Sichtweisen, entwickeln neue Lösungsansätze durch neue Perspektiven. Zudem herrscht eine bessere Gesprächskultur. Von all dem profitiert ein Unternehmen", so Kastner.

Wichtig sei nicht zuletzt auch der Austausch mit anderen Frauennetzwerken. Während die Frauen des Funktionärinnen-Beirats rege Kontakte mit der WKÖ-Initiative "Frau in der Wirtschaft", dem "Arbeitskreis Frauen" des Raiffeisenverbandes Südtirol oder der "Landjugend" pflegen, organisieren die Fondsfrauen aktuell Vorträge unter dem Motto "Fit for Finance" in Frauennetzwerken, um zu zeigen, wie Frauen verstärkt Eigenvorsorge betreiben können. "Durch die Vorträge erhöhen wir unsere Sichtbarkeit beziehungsweise die des Netzwerkes und können gleichzeitig das Thema an andere Frauen heranführen. Veränderungen beginnen oft auf einfacher Ebene, als Vorbildwirkung. Wenn die Tochter sieht, auch Mama hat ein Wertpapierkonto. Das ist schon ein Signal", so Lammer.

 

Quelle: Raiffeisenzeitung; Text: Sandra Schäfer
Diesen Artikel finden Sie auch in der RZ News APP der Raiffeisenzeitung oder auf epaper.raiffeisenzeitung.at