22.07.2021 - Auf heißer Spur

AGRANA testet neue Wärmepumpen-Technologie und zeigt das große Potenzial von industrieller Abwärme auf.

Eine der Hochtemperatur-Wärmepumpen wurde im Agrana-Werk in Pischelsdorf getestet.
© AGRANA
Eine der Hochtemperatur-Wärmepumpen wurde im AGRANA-Werk in Pischelsdorf getestet.

Bedarf an fossilen Brennstoffen deutlich reduziert

80 Prozent höhere Energieeffizienz, 80 Prozent weniger CO2-Emissionen und um bis zu 20 Prozent geringere Produktionskosten - das können industrielle Wärmepumpen im Vergleich zu Erdgas leisten, wie ein vom AIT Austrian Institute of Technology durchgeführtes Demonstrationsprojekt zeigt. "Die Rückgewinnung der ungenutzten Abwärme verringert den Bedarf an fossilen Brennstoffen beträchtlich und führt so zur Dekarbonisierung der Prozesse", fasst Veronika Wilk, Projektleiterin und Senior Research Engineer am AIT, kurz zusammen.

In Wohngebäuden ist der Einsatz von Wärmepumpen bereits stark verbreitet, nicht jedoch in der Industrie. Hier befindet sich die Technologie in der frühen Phase der Marktdiffusion. Dabei wäre das Potenzial jedenfalls groß: Zwei Drittel des industriellen Energiebedarfs in Europa gehen aktuell in Prozesswärme, davon werden 77 Prozent direkt von fossilen Energieträgern abgedeckt, das entspricht 552 Megatonnen CO2 pro Jahr. Wärmepumpen können also in einer dekarbonisierten Prozessindustrie eine wesentlich Rolle spielen. "Die meisten Industrieprozesse benötigen aber Prozesswärme mit hoher Temperatur, daher haben wir DryFiciency-Wärmepumpen entwickelt, die Wärme von bis zu 160 Grad Celsius liefern", erklärt Wilk.

Im Rahmen des fünfjährigen EU-Forschungsprojekts DryFiciency, das im Bereich der industriellen Trocknung -für Trocknungsprozesse werden bis zu 25 Prozent des industriellen Energieverbrauchs benötigt - durch den Einsatz neuer Technologien die Emissionen massiv reduzieren soll, wurden nun die ersten Hochtemperatur-Wärmepumpen in Betrieb genommen und in industrieller Umgebung getestet. Eine der Pumpen befindet sich in der AGRANA-Weizenstärkefabrik in Pischelsdorf (NÖ) und wird zur Entfernung von Wasser aus der Weizenstärke eingesetzt. Der Dry-Ficiency-Wärmepumpen-Demonstrator hat mehr als 3.300 Betriebsstunden mit einer maximalen Wärmeleistung von rund 350 kW absolviert und lieferte damit rund 10 Prozent der benötigten Heizleistung des Trocknungsprozesses. Interne Berechnungen zeigen eine jährliche Energieeinsparung von 3.200 Megawattstunden und eine CO2-Reduktion von bis zu 600 Tonnen. Für Norbert Harringer, Chief Technology Officer der AGRANA-Gruppe, ist das Projekt DryFiciency ein wichtiger Baustein in der Klimastrategie: "Der Klimaschutz ist zweifellos eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. AGRANA bekennt sich zu einer CO2-neutralen Produktion. Klar ist, dass es dafür einen Maßnahmenplan mit ambitionierten, aber realistischen Etappenzielen braucht. Diesen Zeitplan haben wir erstellt. Konkret heißt das, dass AGRANA bis 2025 jährlich rund zehn Millionen Euro investiert, um 25 Prozent der durch unsere Produktion verursachten Treibhausgasemissionen einzusparen und sie bis 2040 auf Netto-Null zu reduzieren."
 

Vielfältig einsetzbar

Auch bei Wienerberger im Ziegelwerk in Uttendorf (OÖ) wurde eine Hochtemperatur-Wärmepumpe zur Trocknung der Ziegel eingesetzt. Die ersten Tests haben also ergeben, dass der Einsatz von Wärmepumpen für viele Trocknungsprozesse eine Alternative zu konventionellem fossilem Erdgas darstellt. "Die von uns entwickelte Technologie kann in vielen Industriesektoren, wie Papier, Lebensmittel und der chemischen Industrie, eingesetzt und in bestehende Anlagen integriert werden", betont Veronika Wilk.

Das Potenzial für die Hochtemperaturwärmepumpen ist jedenfalls hoch, denn 37 Prozent des Prozesswärmebedarfs in der europäischen Industrie liegen unter 200 Grad Celsius und könnten theoretisch mit Wärmepumpen gedeckt werden. "Wärmepumpen werden in Zukunft ein wesentliches Element der Energieinfrastruktur sein, auch im industriellen Kontext", ist Wolfgang Hribernik, Head of Center for Energy am AIT, überzeugt. Wenn 50 Prozent aller Trockner Wärmepumpen nützen würden, würden europaweit bis zu 268 Terawattstunden Abwärme rückgewonnen werden und zwischen drei und sieben Prozent zur Vermeidung der CO2-Emissionen beitragen, die nötig sind, um die 2030-Ziele der EU zu erreichen. Hribernik sieht durch die erfolgreiche Testphase und das wissenschaftlichen Monitoring das Vertrauen in die neue Technologie gestärkt.

Quelle: Raiffeisenzeitung; Text: Elisabeth Hell
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