25.11.2021 - Mehr Antrieb für Nachhaltigkeit

Die Raiffeisen KAG lud zum 3. Nachhaltigkeitssymposium, um den Blick über den eigenen Tellerrand zu richten. Mehr als 400 Teilnehmer holten sich per Live-Stream Informationen zu den Themen Energieeffizienz, Klimaneutralität und Investmentchancen.

Sprecher der GF der Raiffeisen KAG
© Pia Morpurgo | Photography
Rainer Schnabl, CEO der Raiffeisen KAG

Mehrwert für die Kunden bieten

"Das Thema Nachhaltigkeit fängt bei jedem selbst an. Man muss in seinem Umfeld schauen, was man dazu beitragen kann, nur dann wird man gesellschaftlich eine gewisse Dynamik entwickeln", ist Rainer Schnabl, CEO der Raiffeisen KAG, überzeugt. Das jährlich stattfindende Nachhaltigkeitssymposium informiert deshalb weit über das Kerngeschäft einer Fondsgesellschaft hinaus. "Unsere Aufgabe ist es, Investmentprodukte zu managen, die unseren Kunden einen Mehrwert bieten, aber wir sehen es auch als unsere Aufgabe, über den Tellerrand zu blicken, um im Kundengespräch auf Augenhöhe über Themen wie Energieeffizienz und Klimaneutralität reden zu können", erklärt Schnabl. Die Berater sollen die Themen und Trends, die hinter den Produkten stecken, kennen und verstehen. Dass Raiffeisen bei nachhaltigen Produkten Marktführer in Österreich ist, überrascht den CEO nicht, denn das Thema passe perfekt zu den Raiffeisen-Genen und kann somit glaubhaft zum Kunden transportiert werden.

Banale Physik

Das Raiffeisen-Nachhaltigkeitssymposium lieferte heuer wieder einen bunten Mix an nachhaltigen Themen, die von Wissenschaftern, Industrievertretern und anderen Experten kommuniziert wurden. Eröffnet wurde das zweitägige Symposium von Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, der die Dringlichkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien veranschaulichte. "Der Wald ist an die Grenzen seiner Anpassungsfähigkeit gekommen. Radikale Fluten und andere Wetterereignisse, davor haben die Klimaforscher in den letzten Jahren immer gewarnt. Das ist banale Physik bei einer Erderwärmung", so Quatschning. Wenn es nicht gelingt gegenzusteuern, dann wird sich die Erde von 2020 bis 2100 um 4 Grad erwärmen. Das bedeutet, der Meeresspiegel steigt um 60 Meter, was ein Drittel der Menschheit, die in Küstengebieten lebt, zur Flucht bewegen wird. Auch die tödlichen Hitzetage würden zwei Milliarden Menschen in Afrika und Südamerika betreffen. "Ende 2100 wären die Zustände katastrophal, wenn wir die globale Erwärmung nicht doch noch auf 1,5 Grad begrenzen", so Quaschning. Der Klimaschutz kann dabei nur funktionieren, wenn alle mitmachen. Alle Länder der Welt müssen ihre Aufgabe erfüllen.

Für Österreich bedeutet das, weil hierzulande die CO2-Emission pro Kopf höher ist, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müsste das Land im Jahr 2035 klimaneutral sein. Die Daten zeigen allerdings, dass sich in Österreich seit 1990 nicht wirklich viel bewegt hat. Österreich ist zwar nicht mehr weit weg, 100 Prozent klimafreundlichen Strom zu produzieren, aber bei Wärme und Verkehr hat Österreich gerade mal ein Drittel des Weges zurückgelegt. "Hier muss der Verbrauch gesenkt werden. Wir brauchen eine Wärmewende", so Quaschning und meint damit etwa einen sofortigen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen. Auch beim Mobilitätsverhalten brauche es ein radikales Umdenken und viel weniger Autos. Gelingen könne die Klimaneutralität auch nur mit einem kräftigen Ausbau der Windkraft. Laut Experten sollte der Ausbau bei 750 Megawatt pro Jahr liegen, aber in der Realität stieg die Gesamtleistung der Windkraftanlagen im Vorjahr nur um 26 Megawatt. Um das Pariser Klimaabkommen zu erreichen, müssten zudem 99 Prozent der Dachflächen mit Photovoltaikanlagen bestückt sein und auch Photovoltaik auf der Freifläche werde kommen müssen, so Quaschning. Prinzipiell gilt: "Wir haben einen Planeten zu retten, damit sollten wir sofort anfangen. Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, dann ist es zu spät."
 

Viel Aktivität

Wie die klimaneutrale Transformation in Österreich konkret angegangen wird, zeigten dann Fallbeispiele von der Voestalpine und Austrian Power Grid. Möglichkeiten für Wind- und Solarparks skizzierte Dierk Paskert von Encavis. Das Unternehmen betreut 299 Wind- und Solarparks in 10 Ländern: "Die Lebensdauer von Solarparks entspricht der Lebensdauer eines Flugzeugs. Sie werden laufend erneuert und gewartet, das ist ein dauerhafter Prozess. Wind ist die schwierigste Assetklasse. Die Energieausbeute ist riesig, aber kompliziert." Auch für Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt ist Strom der Energieträger der Zukunft. Er betonte, dass 2.000 Windräder notwendig wären, um im Jahr 2030 100 Prozent erneuerbaren Strom in Österreich zu haben, so wie es das Ziel im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist. Was genau Klimaneutralität bedeutet, das erklärt Sascha Mohnke von der Universität für Bodenkultur Wien: "Es ist kein klar umrissener Begriff, aber wir verstehen darunter, dass wir uns so verhalten, dass das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden kann." Dabei geht es um das Vermeiden und Reduzieren von Emissionen und um die Kompensation, dort wo sich die Emissionen nicht vermeiden lassen. Allgemein gilt aber der Grundsatz: "Die nachhaltigste Energie ist die, die wir nicht verbraucht haben."
 

Laufende Transformation

Grüner zu wirtschaften, ist auch für eine Fondsgesellschaft ein großes Thema, wie Dieter Aigner, Geschäftsführer bei der Raiffeisen KAG, schildert: "Wir haben im Vorjahr begonnen, unsere Aktienprodukte weiterzuentwickeln, das ist ein Gebot der Stunde. Die Transformation unserer Produktpalette gilt es laufend zu begleiten." Im Assetmanagement und bei Fonds, die vor mehr als 20 Jahren aufgelegt wurden, könne man nicht einfach den Schalter umlegen. Seit dem Frühjahr ist die Raiffeisen KAG auch dabei, ihre Organisation im Fondsmanagement auf neue Beine zu stellen. Aigner: "Es reicht nicht mehr nur aus, eine Nachhaltigkeitsabteilung zu haben, sondern es geht um die Integration in den gesamten Investmentprozess. Hier haben wir einen großen Wurf getätigt." In einer Matrixorganisation beschäftigen sich Analystenteams nun tagtäglich mit einzelnen Zukunftsthemen wie Mobilität, Infrastruktur, Technologie oder Energie. "Die Ausarbeitung einer Policy ist letztendlich der wesentliche Knackpunkt", erklärt Aigner. Eine klare Meinung und Haltung sei aber wichtig für einen Engagement-Prozess, also um mit Unternehmen und Emittenten in einen Dialog zu treten. Stärkeren Fokus richtet die Raiffeisen KAG nun auch auf den Rentenbereich und hat eine Art Staatsanleihenindikator im Bereich der Nachhaltigkeit entwickelt: "Früher hatte man einen Ausschluss für Todesstrafe oder Kinderarbeit - das sind sicherlich Faktoren, die auch weiterhin einfließen -, allerdings ist das bei einem aktiven Management zu wenig." Die Raiffeisen KAG sei bei der Nachhaltigkeitsanalyse von Staaten Vorreiter, wie die Ratingagentur Scope Analysis bestätigt hat.
 

Quelle: Raiffeisenzeitung; Text: Elisabeth Hell
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