Ein Baumzweig, der während eines Sturms auf das Dach fällt, zerstört Schindeln und Dachziegel.

Haftung für Schäden durch umfallende Bäume und herabfallende Äste

Unwetter, Stürme und starker Schneefall zählen zu den Naturereignissen, die bei Baumbesitzern berechtigte Sorgen über mögliche Schäden durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste auslösen. 

Bislang trugen Eigentümer in solchen Fällen die Beweislast, dass sie alle notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen haben. Diese Unsicherheit führte in der Vergangenheit häufig zu sogenannten „Angstschnitten“ oder sogar zur Fällung gesunder Bäume – aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen. Eine neue gesetzliche Regelung zur Haftung bei Baumschäden soll nun Klarheit schaffen: Sie zielt darauf ab, die haftungsrechtliche Verunsicherung zu verringern und gleichzeitig das Interesse am Erhalt einer intakten, natürlichen Umwelt zu stärken.

Bislang fehlte eine eigene gesetzliche Regelung zur Haftung für Schäden durch Bäume. Stattdessen wurde auf Bestimmungen zur Gebäudeschadenhaftung zurückgegriffen, bei denen der Eigentümer haftet, wenn ein Schaden durch mangelhafte Beschaffenheit entsteht und er nicht nachweisen kann, die nötige Sorgfalt angewendet zu haben.

Dieser Vergleich wirft berechtigte Zweifel auf – denn ein Baum ist ein Naturgebilde und lässt sich nicht wie ein Bauwerk beurteilen. Auch die Gleichsetzung der Sorgfaltspflichten erscheint fragwürdig. Diesen Bedenken trägt nun eine neue, speziell auf Bäume zugeschnittene Haftungsregelung Rechnung.

 

Die neue Baumhalterhaftung

Ab 1. Mai 2024 gilt:

Wird durch das Umstürzen eines Baumes oder das Herabfallen von Ästen ein Mensch verletzt oder eine Sache beschädigt, wird der Halter des Baumes nur dann schadenersatzpflichtig, wenn der konkrete Schaden durch die Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt bei der Prüfung und Sicherung des Baumes verursacht wurde. Den Beweis dafür muss der Geschädigte erbringen. Nicht davon erfasst sind Bäume im Wald, da das Forstgesetz eigene Haftungsregelungen beinhaltet.

Ebenso wenig werden damit Schadensfälle abgedeckt, die beispielsweise beim Sturz eines Arbeiters, der Baumpflegemaßnahmen durchführt, oder durch Anprall eines stürzenden Schifahrers gegen einen Baum am Rande einer Piste entstehen.

 

Halter des Baumes

Als „Halter“ des Baumes wird der Eigentümer des Grundstücks angesehen, auf dem sich der Baum befindet. Die Haftung anderer Personen im Zusammenhang mit Bäumen (zum Beispiel eines Baumpflege- oder Baumschnittunternehmen) ist von der Regelung nicht erfasst.

Ein Baum vom Grundstück des Nachbarn stürzt auf ein Haus, blockiert die Einfahrt und reißt Stromleitungen um.

Einhaltung der „erforderlichen Sorgfalt“

Von Baumbesitzern wird ein angemessenes Maß an Sorgfalt erwartet, um Gefahren durch Bäume zu vermeiden – insbesondere durch regelmäßige Sichtkontrollen vom Boden aus sowie durch geeignete Sicherungsmaßnahmen wie Schnittarbeiten, Stabilisierung oder Absperrungen.

Gleichzeitig wird auch Eigenverantwortung von Einzelpersonen vorausgesetzt: Bei erkennbaren Gefährdungssituationen, etwa bei Unwetter oder starkem Schneefall, sollte man sich von Bäumen fernhalten. Die Sorgfaltspflicht des Baumhalters erstreckt sich daher nicht auf außergewöhnliche Risikosituationen.

Bei der Beurteilung der Sorgfalt werden künftig individuelle Faktoren wie Standort, Größe, Zustand und Alter des Baumes berücksichtigt. Ebenso wird darauf geachtet, welche Maßnahmen dem Baumhalter zumutbar sind.

Positiv hervorzuheben ist, dass auch das Interesse an einem möglichst naturbelassenen Zustand – etwa bei Naturdenkmälern oder in Schutzgebieten – stärker berücksichtigt wird und so zur Erhaltung der natürlichen Umwelt beigetragen werden kann.

 

Beweislast des Geschädigten

Die neue Gesetzesregelung bringt eine deutliche Entlastung für Baumbesitzer: Während bisher der Baumhalter im Schadensfall nachweisen musste, alle notwendigen Sicherungsmaßnahmen getroffen zu haben, liegt die Beweislast nun beim Geschädigten. Dieser muss darlegen, dass der Baumhalter seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist.

Stichworte:  Sturm, Unwetter, Beweis, Schaden, Baum, Haftung, Gefahr

Quelle: https://magazin.vev.or.at/haus-und-grund/ausgabe-2-24/schadenshaftung-umfallende-baeume (Mag. Melanie Schöller)