Leistbarkeit am Vorarlberger Immobilienmarkt

Plus 16 Prozent bei den Preisen für Wohnungen 2020 in Vorarlberg, plus zehn Prozent bei Einfamilienhäusern. Ein Ende des Preisanstiegs ist nicht in Sicht. Raiffeisen bleibt dabei der größte Finanzierungspartner der Vorarlberger: Allein im vergangenen Jahr liehen sich die Menschen zusätzlich über 557 Mio. Euro von den Genossenschaftsbanken aus, um sich neuen Wohnraum zu schaffen.

Im Auftrag der Vorarlberger Raiffeisenbanken hat Raffeisen Research den heimischen Immobilienmarkt genau unter die Lupe genommen. Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research, Matthias Reith, Ökonom von Raiffeisen Research, Wilfried Hopfner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Vorarlberg, sowie Martina Rietzler, Geschäftsführerin von Raiffeisen Immobilien, konnten jetzt die Ergebnisse präsentieren.

 

Nirgendwo sind Wohnungen teurer

Vorarlberg zählt im Bundesländervergleich zu den teuren Pflastern, nirgendwo sonst in Österreich kosten Wohnungen mehr. Das Gefälle zu den preisgünstigeren Regionen ist 2020 nochmals größer geworden: „Die ohnehin schon teuren Bundesländer sind schneller noch teurer geworden – und das gilt insbesondere für Vorarlberg“, betont Matthias Reith. So erhöhten sich die Preise für Wohnungen und Einfamilienhäuser im Ländle mit 16 und 10 Prozent deutlich stärker als im gesamten Bundesgebiet. Dort lagen die Teuerungsraten bei 7 und 6 Prozent. „Die hohen Preise im Westen kommen nicht von ungefähr“, erläutert Raiffeisen Vorstand Wilfried Hopfner. „Vielmehr spiegeln sie die gute wirtschaftliche Lage, das überdurchschnittliche Einkommen und die dynamische Bevölkerungsentwicklung wider.“ Auch die hohen Kosten lassen die Eigentumsquote in Vorarlberg vergleichsweise niedrig ausfallen: Liegt der EU-Durchschnitt bei 68 Prozent, so sind es in Vorarlberg lediglich 58 Prozent – immerhin aber der dritthöchste Wert in Österreich.

 

Preise steigen auch heuer

„Inflation“ dürfte ein zentrales Thema des Post-Corona-Jahres 2021 werden – und das in dreierlei Hinsicht: Gerade im vergangenen Jahr galten Immobilien als Betongold für viele Anleger als scheinbar sichere Anlage. Nun fürchten diese eine aufkommende Inflation und greifen deshalb am Immobilienmarkt zu. „Inflationsschutz statt Sicherheitsmotiv“, nennt es Matthias Reith. Zweitens lassen die globalen Lieferengpässe die Preise von Baumaterialien in die Höhe schnellen, was nicht folgenlos für die Angebotspreise im Neubau bleiben dürfte. „Die Globalisierung macht nicht vor den österreichischen Baustellen halt“, so der Ökonom von Raiffeisen Research. Und drittens haben steigende Inflationserwartungen seit Jahresbeginn zu leicht höheren Kapitalmarktrenditen geführt, der Tiefpunkt der Kreditzinsen dürfte vor diesem Hintergrund erreicht worden sein.

Angesichts der guten Konjunktur- und damit auch Einkommensperspektiven sollte der Vorarlberger Immobilienmarkt in den kommenden Jahren weiterhin ein dynamischeres Wachstum an den Tag legen als das gesamte Bundesgebiet. „Die Zeichen stehen 2021 auf eine Fortsetzung des Preisanstiegs, wenn auch die Luft nochmals dünner wird“, meint Matthias Reith, Ökonom von Raiffeisen Research. Gründe für das leichte Abflachen der Steigerungskurve sind die angespanntere Leistbarkeitssituation sowie der auch verglichen mit den anderen Bundesländern nachlassende demografische Rückenwind.

 

Frage der Leistbarkeit

Mit keiner Bank verwirklichen die Österreicher mehr Wohnwünsche als mit Raiffeisen. Auch die Zuwachsraten waren in den vergangenen zehn Jahren mit einem Plus von 117 Prozent bei keinem Finanzinstitut höher. Für 2021 rechnen die Banken mit dem Giebelkreuz erneut mit einem Anstieg der Kreditnachfrage. Immobilien im Wert von etwa 2 Mrd. Euro wechselten 2020 in Vorarlberg ihren Besitzer. Besonders viele Kunden entscheiden sich bei der Finanzierung ihres Eigenheims für einen Fixzinskredit und sichern sich somit für viele Jahre niedrige Zinsen. Analysten gehen aktuell nicht von einer größeren Steigerung der Zinsen aus: „Auch wenn die nominellen Renditen etwas ansteigen, da die Inflationsrate stärker anzieht, geht die reale Zinsbelastung sogar noch weiter zurück. Damit bleibt die Immobilienfinanzierung über Hypothekarkredite attraktiv“, so Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research. Das drängende Problem bleibt dennoch die Leistbarkeit von Wohneigentum. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten sind gefragt: „Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaften können eine der richtigen Antworten auf die aktuelle Situation sein“, so Martina Rietzler, Geschäftsführerin von Raiffeisen Immobilien. „Sie ermöglichen es Gemeinden, professionelle Flächenpolitik zu betreiben, eine vielfältige Infrastruktur aufzubauen und leistbaren Wohnraum zu schaffen.“ Bereits acht Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaften gibt es mittlerweile in Vorarlberg.

Die gesamte Studie zum Vorarlberger Immobilienmarkt von Raiffeisen Research: