Fixzinsdarlehen: Neue Sachbezugsbesteuerung
MMag. Rainald Maurer, Heft 3/2024
Wenn der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ein unverzinsliches oder zinsverbilligtes Darlehen oder einen solchen Gehaltsvorschuss erhält, stellt die Zinsersparnis einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar. Dieser Vorteil ist grundsätzlich als Sachbezug steuerpflichtig. Wie der Sachbezug zu bewerten ist, regelt die sog. Sachbezugswerteverordnung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF). Seit Beginn des Jahres 2024 gilt für fix verzinste Darlehen und Vorschüsse eine eigene Regelung, die im vorliegenden Artikel dargestellt wird.
Vorweg sei darauf hingewiesen, dass sich die folgenden Ausführungen betreffend Arbeitgeberdarlehen auch auf Gehaltsvorschüsse gleichermaßen beziehen.
Bisherige Rechtslage
Lassen Sie uns kurz auf die frühere Rechtslage zurückblicken:
Bis zum Jahr 2012 wurde als marktüblicher Zinssatz 3,5 % p. a. unterstellt. Ein Sachbezug ergab sich, wenn der vereinbarte Zinssatz unter
3,5 % betrug. Als das Zinsniveau zurückging, stellte man fest, dass 3,5 % nicht mehr dem marktüblichen Zinssatz entsprachen und somit eigentlich fremdüblich verzinste Arbeitgeberdarlehen zu einem steuerpflichtigen Sachbezug führten.
Dieser Entwicklung wurde ab 2013 Rechnung getragen, indem der fixe Zinssatz von 3,5 % durch einen variablen Zinssatz ersetzt wurde. Ausgangspunkt für den variablen Referenzzinssatz ist seither der durchschnittliche 12-Monats-Euribor für den Zeitraum 1. Oktober bis
30. September, der um 0,75 Prozentpunkte erhöht und auf halbe Prozentpunkte kaufmännisch gerundet wird. Dieser Prozentsatz wird jedes Jahr vom BMF bis zum 30. November für das Folgejahr festgesetzt und veröffentlicht.
Bereits im Jahr 2019 hat man vorausgesehen, dass diese Regelung bei Anstieg des Zinsniveaus für Fixzinsdarlehen zum Problem werden würde. Denn ein bei Abschluss des Vertrages fremdüblich fix verzinstes Arbeitgeberdarlehen würde bei einem Anstieg des vom BMF festgesetzten Referenzzinssatzes „in einen Sachbezug rutschen“. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist nämlich die Regelung der Sachbezugswerteverordnung für Bankmitarbeiter auch dann anzuwenden, wenn Fremdkunden denselben (niedrigen) Zinssatz erhalten. Im Rahmen der Sachbezugsbewertung werden Sachbezüge pauschal berechnet und es kann laut VwGH nicht ausgeschlossen werden, dass es bei einzelnen Arbeitnehmern dadurch zu nachteiligen Ergebnissen kommt.
Daher ist die Kreditwirtschaft schon im Jahr 2019 an das BMF mit dem Ersuchen um eine sachgerechte Lösung herangetreten. Für diese Zwecke haben die Banken auch konkrete Vorschläge unterbreitet. Hat man im BMF zunächst noch die Meinung vertreten, dass eine Regelung vorerst nicht erforderlich sei, so hat sich insbesondere in den letzten beiden Jahren stark gezeigt, dass eine neue Regelung sehr wohl dringend notwendig wird. Zur Veranschaulichung des Regelungsbedarfs: Der vom BMF veröffentlichte Referenzzinssatz ist von 0,5% im Jahr 2022 auf 1% im Jahr 2023 und auf 4,5% im Jahr 2024 angestiegen! Ohne Neuregelung hätte dies im Jahr 2024 für viele Darlehensnehmer zu einer beträchtlichen Sachbezugsbesteuerung geführt. Die Neuregelung für Fixzinsdarlehen ab 2024 ist daher gerade noch rechtzeitig gekommen.
Die Neuregelung im Detail
Mit der Novellierung des § 5 der Sachbezugswerteverordnung des BMF werden nun jeweils eigene Ermittlungs- und Ansatzmethoden für variabel verzinste Arbeitgeberdarlehen einerseits und für unverzinsliche oder mit einem fixen Satz verzinste Arbeitgeberdarlehen andererseits vorgesehen.
Für die Ermittlung des Sachbezugswertes bei Arbeitgeberdarlehen mit variablen Zinssätzen bleibt die bisherige Rechtslage unverändert bestehen.
Neuer Referenzzinssatz
Bei unverzinslichen und zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen ergibt sich der Sachbezug nach wie vor aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und einem Referenzzinssatz. Wenn der vereinbarte Zinssatz (Sollzinssatz) unter dem Referenzzinssatz liegt, ergibt sich in Höhe der Differenz (Zinsersparnis) grundsätzlich ein steuerpflichtiger Sachbezug. Neu ist in diesem Fall der anzuwendende Referenzzinssatz bei fix verzinsten Arbeitgeberdarlehen. Ausgangspunkt für dessen Ermittlung ist der von der Österreichischen Nationalbank (OeNB) für den Monat des Abschlusses des Darlehensvertrages veröffentlichte „Kreditzinssatz im Neugeschäft an private Haushalte für Wohnbau mit anfänglicher Zinsbindung über zehn Jahre“. Dabei handelt es sich um einen durchschnittlichen Zinssatz, der aufgrund der Meldungen der Banken ermittelt wird.
Das BMF konnte von der Kreditwirtschaft überzeugt werden, dass es gute Gründe gibt, warum dieser Zinssatz als zu hoch für Zwecke der Sachbezugsermittlung angesehen werden muss. Das BMF hat daher noch einen Abschlag von 10 % auf diesen von der OeNB ermittelten Kreditzinssatz vorgesehen. Beispielsweise hat der von der OeNB veröffentlichte Zinssatz für November 2023 3,47 % betragen. Der 10 %-ige Abschlag wäre in diesem Fall 0,35 Prozentpunkte, sodass der Referenzzinssatz 3,12 % betragen würde. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass die OeNB diesen Zinssatz mit einer Verzögerung von 1 - 2 Monaten veröffentlicht, weshalb bei Verfassung dieses Artikels noch kein aktuellerer Zinssatz verfügbar war.
Ermittlung der Zinsersparnis
Eine weitere Neuerung gegenüber der bisherigen Rechtslage besteht darin, dass die einmal – im Monat des Abschlusses des Darlehensvertrages – ermittelte Zinsersparnis für den gesamten Zeitraum, für den die Zinsen unveränderlich festgelegt wurden, maßgeblich ist. Dies würde in obigem Beispiel bedeuten, dass es für die gesamte Fixzinsperiode zu keinem Sachbezug kommt, wenn der tatsächlich vereinbarte Zinssatz größer oder gleich 3,12 % ist. Wäre jedoch der tatsächlich vereinbarte Zinssatz kleiner als 3,12 %, hätte der Darlehensnehmer in jedem Jahr der Fixzinsperiode einen Sachbezug in Höhe der Differenz zu versteuern. Nach der bisherigen und für variabel verzinste Arbeitgeberdarlehen weiterhin bestehenden Rechtslage ist der Vergleich mit dem Referenzzinssatz jedes Jahr anzustellen. Bei Änderung des Referenzzinssatzes kann es daher jährlich zu einer Änderung des zu versteuernden Sachbezuges kommen („Hinein- oder Hinausrutschen“).
Gemischt verzinste Darlehen
Unter gemischt verzinsten Darlehen versteht man die in der Praxis häufig vorkommenden Darlehensverträge, die – bezogen auf die bedungene Ratenrückzahlungsdauer – sowohl einen unveränderlichen Sollzinssatz (von Null oder in anderer Höhe) als auch einen veränderlichen (variablen) Sollzinssatz aufweisen. Laut den Erläuterungen des BMF stellt die nachträgliche Umstellung von einem variablen auf einen fixen Zinssatz (und wohl auch umgekehrt) für Zwecke der Sachbezugsbewertung einen neu zu bewertenden Sachverhalt dar und soll demnach als neuer Darlehensvertrag im Sinne der Verordnung anzusehen sein.
Freibetrag von 7.300 Euro
Schließlich sei darauf hingewiesen, dass auch im Falle eines Fixzinsdarlehens der Freibetrag von 7.300 Euro Anwendung findet, also ein allenfalls erwachsender Zinsenvorteil nur von einem 7.300 Euro übersteigenden Darlehensbetrag zu berechnen ist. Die Höhe der Raten und die Rückzahlungsdauer haben auch beim Fixzinsdarlehen keinen Einfluss auf das Ausmaß des Sachbezuges.
Inkrafttreten
Die neue Rechtslage ist erstmals auf Arbeitgeberdarlehen anzuwenden, die ab 1.1.2024 vereinbart werden. Nun gibt es aber Arbeitgeberdarlehen, die vor diesem Datum vereinbart wurden und die nach bisheriger Rechtslage ab 2024 „in einen Sachbezug rutschen würden“. Um dies zu verhindern, ist vorgesehen, dass auch auf diese „Altfälle“ die neue Ermittlungsmethode anzuwenden ist.
Da die OeNB den maßgeblichen Zinssatz seit dem Jahr 2003 monatlich veröffentlicht (vorher nur jährlich), ist die neue Ermittlungsmethode auf Fixzinsdarlehen, die ab dem Jänner 2003 vereinbart wurden, anzuwenden. Wurde beispielsweise einem Arbeitnehmer im August 2021 ein Darlehen mit einer fixen Verzinsung von 1,3 % p. a. eingeräumt, so ist für die gesamte Fixzinsperiode kein Sachbezug zu versteuern, weil der Referenzzinssatz im August 2021 1,2 % (Zinssatz lt. OeNB-Tabelle: 1,33 % abzüglich 10 % Abschlag: 0,13 %) betragen hat.
Dem Arbeitnehmer wird allerdings die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 30. Juni 2024 der Anwendung der neuen Ermittlungsmethode zu widersprechen. Bei Widerspruch ist weiterhin die bisherige Methode, also der jährlich wechselnde Referenzzinssatz, anzuwenden. Würde der Arbeitnehmer im obigen Beispiel widersprechen, hätte er im Jahr 2024 einen Sachbezug in Höhe der Zinsersparnis von 3,2 % (Referenzzinssatz lt. BMF: 4,5 % abzüglich vereinbartem Zinssatz: 1,3 %) zu versteuern.
Praktische Umsetzung
Zur praktischen Umsetzung der neuen Bestimmungen im Raiffeisensektor haben mehrere Besprechungen stattgefunden, bei denen auch Fragen aufgetaucht sind, die zur Beantwortung an das BMF herangetragen wurden. Das BMF hat diese Fragen mittlerweile beantwortet. Eine Frage betrifft die Regelung in der Verordnung, wonach zur Ermittlung des Referenzzinssatzes der von der OeNB für den Monat des Abschlusses des Darlehensvertrages veröffentlichte Zinssatz anzusetzen ist. Es wurde festgestellt, dass das Datum des Abschlusses des Darlehensvertrages nicht in der Form gespeichert ist, so dass dieses automatisiert abgerufen werden könnte. Für die Vergangenheit kann dies auch nicht mehr nachgeholt werden. Hier hat das BMF bereits zugestimmt, dass ersatzweise auf das Datum der Anlage des Darlehenskontos abgestellt werden darf, wenn sichergestellt ist, dass dieses Datum nur wenige Tage vom Vertragsabschluss abweicht.
Eine weitere Frage betrifft die Tatsache, dass der maßgebliche Zinssatz von der OeNB mit einer Verzögerung von 1 bis 2 Monaten veröffentlicht wird. Dazu wurde mit dem BMF vereinbart, dass vorläufig der zuletzt veröffentlichte Zinssatz herangezogen werden darf. Sobald der Zinssatz des Abschlussmonats bekannt ist, ist dieser rückwirkend zu berücksichtigen.
Fazit
Durch die Neuregelung der Sachbezugsbesteuerung bei Fixzinsdarlehen konnte verhindert werden, dass es zu einer massiven Besteuerung von Sachbezügen ab dem Jahr 2024 gekommen wäre.
MMag. Rainald Maurer ist Steuerexperte des Österreichischen Raiffeisenverbandes.