Der neue Bankprüferverband

MMag. Dr. Michael Laminger, Heft 3/2022

Die Raiffeisen Revisionsverbände haben gemeinsam mit dem Sparkassenprüfungsverband und dem Österreichischen Genossenschaftsverband den Verband der dezentralen Bankprüfungsverbände Österreichs (kurz „Bankprüferverband“) gegründet. Der neue Verband soll einerseits als gemeinsame Interessensvertretungsplattform dienen und andererseits Synergien im Bereich der Aus- und Fortbildung von Bankprüfern im Sparkassen-, Volksbanken- und Raiffeisensektor heben.

Wie kam es zur Gründung?
Die Idee eines gemeinsamen Interessensvertretungsverbandes entstand bereits vor rund 10 Jahren, als sich der Sparkassenprüfungsverband (SPV), der Österreichische Genossenschaftsverband (ÖGV) und der Österreichische Raiffeisenverband (ÖRV) in Brüssel gemeinsam mit den deutschen und italienischen Kollegen gut abgestimmt für regulatorische Rahmenbedingungen eingesetzt haben, die das Überleben der Prüfungsverbände in Österreich, Deutschland und Italien sichergestellt haben.

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© Pia Morpurgo | Photography

Darüber hinaus hat man seit einigen Jahren in der Bankprüferbranche – wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen – einen akuten Fachkräftemangel festgestellt, von dem auch die Prüfungsverbände betroffen sind. Um dieses Problem gemeinsam zu lösen, will man nun unter den Prüfungsverbänden verstärkt zusammenarbeiten. Das erste große Projekt ist bereits auf Schiene: Ab der zweiten Jahreshälfte 2022 soll es den zertifizierten Bankprüfungsmanager geben, der insbesondere bei Großbanken gemeinsam mit dem verantwortlichen Revisor die Prüfung der Bank abwickeln soll.

Die Gründung des Verbandes erfolgte im Rahmen der Gründungsgeneralversammlung am 1. Dezember 2021. Statt eines feierlichen Aktes aller Verbände in einer großen Veranstaltung musste man sich bedingt durch den damaligen Lockdown mit einer sehr kleinen Runde begnügen. Der stellvertretende Leiter des ÖRV-Prüfbetriebes Andreas Gilly hat als Vertreter aller Raiffeisenverbände gemeinsam mit den Vertretern der anderen Sektoren den Bankprüferverband zur Welt gebracht.

Was macht den zertifizierten Bank­prüfungsmanager interessant?
Junge Universitätsabsolventen suchen heutzutage Jobs, die ihnen interessante Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen bieten. Um noch besser zu zeigen, dass gerade in Genossenschaftsrevisionsverbänden und dem SPV beides gegeben ist, hat man entschieden, den zertifizierten Bankprüfungsmanager zu schaffen. Jemand, der dieses Zertifikat erwirbt, kann somit sektorübergreifend seine Kompetenz mit einem Zeugnis belegen. Der zertifizierte Bankprüfungsmanager wird in allen wesentlichen Bereichen der Bank über fundierte betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse verfügen. Im Rahmen der Ausbildung wird auch auf Managementfähigkeiten wie Teamführungskompetenz geachtet. Die erworbenen Kompetenzen lassen sich nicht nur in besonderem Ausmaß in der Revision einsetzen. Auch für Banken jedweder Größe sind zertifizierte Bankprüfungsmanager interessante Kandidaten – sowohl auf Experten- als auch auf Führungskräfteebene.

Wie sieht das Kompetenzprofil des zertifizierten Bankprüfungsmanagers aus?
Für den Antritt zur Zertifizierung sind die folgenden sieben Kompetenzen erforderlich:

·         Prüfungsmethodik inkl. Nachhaltigkeits­prüfung

·         (Bank-)Rechnungslegung

·         Aufsichtsrecht

·         Bankbetrieb / Banksteuerung / Risikomanagement

·         Kreditprüfungskenntnisse

·         Treasuryprüfungskenntnisse

·         Soft Skills (Kommunikation, Führung)

Seitens Raiffeisen hat die Leiterin des ÖRV-Prüfbetriebes Alexandra Tychi an der Entstehung des Kompetenzprofils federführend mitgearbeitet; hier ist das Personalentwicklungs-Know-how der ÖRV-Revisionsabteilung in besonderem Maß eingeflossen. Daher verfügen ÖRV-Revisionsmitarbeiter bereits über gutes Know-how in den oben genannten Kompetenzfeldern; ergänzende Weiterbildungen sind nur in wenigen Teilbereichen notwendig.

Wie ist der neue Bankprüferverband organisiert?
Oberstes Organ des Verbandes ist die Generalversammlung, in welcher die acht Landesrevisionsverbände und der Österreichische Raiffeisenverband gemeinsam 50% der Stimmrechte haben. Die übrigen 50% verteilen sich auf den ÖGV und den SPV. Der Vorstand als Leitungsorgan besteht aus Präsident Mag. Gerhard Margetich (Vorstandsvorsitzender des Sparkassenprüfungsverbandes), Vizepräsident Dr. Robert Makowitz (Revisionsvorstand des Österreichischen Genossenschaftsverbandes) und meiner Person als Vorstandsmitglied. Für Raiffeisen war es im Zuge der Gründung des Verbandes wichtig, als größter Sektor ein Zeichen des Vertrauens zu setzen. So haben sich die Raiffeisenverbände entschlossen, ein zustehendes weiteres Vorstandsmandat derzeit nicht zu besetzen und auch auf das Amt des Präsidenten zu verzichten. Für Raiffeisen stand im Zuge der Verbandsgründung im Vordergrund, dass sich der Verband auf Basis dieses gemeinsamen Vertrauens rasch und gut im Sinne aller Verbandsmitglieder entwickeln soll.

Welches Arbeitsprogramm hat sich der Bankprüferverband vorgenommen?
Im Jahr 2022 wird der neue Verband insbesondere mit der Umsetzung der organisatorischen und operativen Voraussetzungen für die Tätigkeit des Vereins und der Festlegung der inhaltlichen Ausrichtung und Zielsetzungen beschäftigt sein. Weiter gilt es, den Verein bei den relevanten Stakeholdern, insbesondere im öffentlichen Bereich, bekannt zu machen. Die Umsetzung der Ausbildung zum zertifizierten Bankprüfungsmanager soll im zweiten Halbjahr abgeschlossen sein. Dabei wird es auch notwendig sein, nachzudenken, wie man insbesondere weibliche Revisionsmitarbeiter zur Absolvierung des zertifizierten Bankprüfungsmanagers motiviert. Diese Zusatzausbildung soll dazu führen, dass sich im Rahmen der Ausschreibung von Führungspositionen von Prüfungsverbänden mehr weibliche Kandidaten bewerben. Mit mehr weiblichen Kandidaten soll es mittel- bis langfristig auch mehr weibliche Führungskräfte in Revisionsverbänden geben. Wie weit die Kooperation beim Thema Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten gehen wird, wird in den nächsten Wochen und Monaten auf Basis der europä­ischen Gesetzgebung noch entschieden. Insgesamt soll der zertifizierte Bankprüfungsmanager und die Tätigkeit des Vereins sicherstellen, dass die von den Prüfungsverbänden geprüften Banken auch weiterhin als besonders gut geprüft und sicher gelten.

Welche Rolle hat die Commerzialbank Mattersburg bei der Gründung gespielt?
Grundsätzlich ist die Idee eines eigenen Bankprüferverbandes unabhängig vom Bilanzskandal in der Commerzialbank Mattersburg entstanden. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Skandal zu einer Diskussion über die Kompetenz von Bankprüfern geführt hat, liegen die Initiativen des Bankprüferverbandes voll im politischen Trend, ohne dass man selbst mit Kompetenz-Problemen konfrontiert wäre.

Welche großen Herausforderungen erwartet der Verband?
Die ersten Bewährungsproben im Rahmen der Interessenvertretung gibt es bereits. Auf europä­ischer Ebene werden derzeit insbesondere der Digital Operational Resilience Act (DORA) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verhandelt. Die Entwürfe der DORA, welche die Betriebsstabilität digitaler Systeme im Finanzsektor regelt, wollten dabei auch Abschlussprüfer etwa Banken und Versicherungen gleichsetzen, was in dieser Form aber jedenfalls überzogen gewesen wäre. Hier konnte man mit tatkräftiger Unterstützung des Fachverbandes der Raiffeisenbanken drohendes Ungemach weitgehend abwehren. Die CSRD wiederum regelt die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und deren Prüfung. Experten erachten es hier als sinnvoll, finanzielle und nichtfinanzielle Berichterstattung aus einer Hand prüfen zu lassen, wodurch man im Rahmen der Prüfung Synergien zwischen diesen Bereichen gut heben kann. Auf politischer Ebene gilt es, noch Überzeugungsarbeit zu leisten, was sich der Bankprüferverband zum Ziel gesetzt hat.

Wie werden die Raiffeisenbanken vom Bankprüferverband profitieren?
Die Bankprüfung der Genossenschaftsverbände und des Sparkassenprüfungsverbandes weisen bereits heute eine hohe Qualität auf. Aber wer gut ist, darf nicht aufhören, bessern zu werden! Diesem Motto verpflichtet, will man durch hohe Prüfungsqualität die Raiffeisenbanken auch weiterhin bei ihrer immer schwieriger werdenden Tätigkeit unterstützen. Der neue Verband soll dabei gewährleisten, dass jeder von den Stärken anderer Prüfungsverbände lernen kann; damit wird auch das Serviceangebot an Raiffeisenbanken noch besser und umfangreicher werden. Die Raiffeisenbanken werden daher in besonderem Ausmaß vom neuen Bankprüferverband profitieren.

MMag. Dr. Michael Laminger ist Generalrevisor des Österreichischen Raiffeisenverbandes.

01.03.2022 - Genossenschaften