BMW
"Die Zukunft des Antriebs ist vielfältig"

Die Autoindustrie sucht eine Überholspur in Richtung geschäftlicher Zukunft. Dafür sorgen Herausforderungen wie Klimaschutz, alternative Antriebe oder Corona. Dr. Ralf Fröchtenicht, CFO von BMW Motoren und BMW Österreich Holding, über globalen Wettbewerb, Kundenorientierung und moderne Verbrennungsmotoren.

Dr. Ralf Fröchtenicht, CFO von BMW Motoren und BMW Österreich Holding im Interview

Interview: Christian Prenger

www.rainerhaeckl.de, Enes Kucevic, Hersteller
Dr. Ralf Fröchtenicht

Die Motorenweltmeister kommen aus Steyr. Das dort beheimatete Motorenwerk der BMW Group ist das größte des bayerischen Weltkonzerns. Im Vorjahr wurden 530.000 Diesel- und 700.000 Benzinmotoren ausgeliefert, auch Gehäuse für Elektroantriebe werden in Steyr produziert. In den Standort wird weiter stark investiert. Gerade wurde eine neue Montagelinie für Benzinmotoren in Betrieb genommen. Im Interview mit business spricht Dr. Ralf Fröchtenicht, CFO der BMW Motoren GmbH, über die Zukunft des oberösterreichischen Vorzeigebetriebs.

business: Die Autoindustrie hat schon bessere Zeiten erlebt, was Image und Absatz betrifft. Jetzt hat Corona die Lage verschärft. Was spricht für eine baldige Erholung?

Fröchtenicht: Die Vertriebszahlen der BMW Group zeigen eine sehr positive Entwicklung. Das unterstreicht das große Bedürfnis der Menschen nach individueller Mobilität. Besonders aussichtsreich entwickeln sich elektrifizierte Fahrzeuge. Im dritten Quartal hatten wir ein Absatzplus von knapp 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Vertriebserfolg setzt die zeitgerechte Bedienung der schlagartig gestiegenen Bestellungen voraus. Dies verdanken wir unserem weltweiten Produktionsnetzwerk. Als größtes Motorenwerk der BMW Group, das sämtliche Fahrzeugwerke außerhalb Chinas versorgt, spielt der Standort Steyr hier natürlich eine entscheidende Rolle.

business: Welche Herausforderungen wird die Industrie stemmen müssen für eine bessere wirtschaftliche Lage?

Fröchtenicht: Das politische, regulative und wirtschaftliche Umfeld wird herausfordernd bleiben, auch nach Corona. Im Gegensatz zu
anderen Branchen stand die Autoindustrie immer im starken globalen Wettbewerb. Das hat für Agilität und Wettbewerbsfähigkeit gesorgt. Starke Kundenorientierung und Innovationskraft bei hoher Kosteneffizienz sind der Schlüssel, dass die BMW Group seit Jahren der
führende Premiumhersteller ist. Natürlich auch insbesondere durch unsere attraktiven Produkte wie den neuen 4er. Wir haben frühzeitig unsere Hausaufgaben gemacht und gehen deshalb stärker aus der Krise hervor.

business: Die Suche nach Kraftstoffen der Zukunft beschäftigt die Branche massiv, in Steyr wird das kaum anders sein. Was wird das Auto von morgen antreiben?

Fröchtenicht: Die Zukunft des Antriebs ist vielfältig. Das ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Die BMW Group stellt den Kundenwunsch in den Fokus und nennt das „Power of Choice“. Der Verbraucher entscheidet über die Antriebsart und welche Technologie zu seinen Anforderungen passt. Wir in Steyr sind für alle Optionen aufgestellt, sowohl mit Blick auf die Entwicklung als auch in der Produktion. Dabei setzt der Standort parallel zum weiteren Ausbau beim Verbrennungsmotor auch auf Erweiterungen bei alternativen Antrieben.

business: Verbrenner sind also doch kein Auslaufmodell?

Fröchtenicht: Der Verbrennungsmotor wird noch auf lange Sicht eine wichtige Rolle spielen. Vor allem ohne den höchst effizienten Dieselantrieb sind die weltweiten Klimaziele nicht zu erreichen. Folglich sind moderne Verbrennungsmotoren zusammen mit einer weiteren Elektrifizierung der Fahrzeuge für die Klimaziele unerlässlich.

business: E-Mobility wird ohnehin gepriesen als großer Überflieger. Ist das Realität oder auch eine Menge Hype?

Fröchtenicht: Elektromobilität ist ein entscheidender Wachstumstreiber. Bis 2030 planen wir, mehr als sieben Millionen elektrifizierte Fahrzeuge auf der Straße zu haben; zwei Drittel davon vollelektrisch. 2023 wird die BMW Group schon 25 solcher Modelle anbieten, darunter eine vollelektrische Variante der nächsten 7er-Generation.

business: Welche Hürden muss E-Mobility überwinden für die entsprechende Breitenwirkung bei den Verbrauchern?

Fröchtenicht: Elektromobilität trägt nur zur nachhaltigen Erfüllung von Klimazielen bei, wenn Strom für die Fahrzeuge immer und überall aus regenerativen Energiequellen kommt. Diese Voraussetzung sowie die Bereitstellung einer flächendeckenden Lade-Infrastruktur sind große Herausforderungen, besonders für die Politik.

business: Wasserstoff wird ebenfalls häufig als Antriebsoption ins Treffen geführt. Wie sieht die Perspektive aus?

Fröchtenicht: Abhängig von der Entwicklung der Rahmenbedingungen besitzt die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie das Potenzial als weitere Säule im Antriebsportfolio. Bereits 2022 wird es eine erste Kleinserie von BMW mit Brennstoffzellen-Technologie geben.

business: Arbeitet BMW aktuell an weiteren Innovationen?

Fröchtenicht: In Steyr forschen im Entwicklungszentrum 700 Mitarbeiter daran, Antriebe noch emissionsärmer, effizienter und leistungsstärker zu machen. Als Leitbetrieb forcieren wir digitale Transformation und Nachhaltigkeit. Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts ist sehr wichtig. Andere Länder – auch Europa – haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die Rahmenbedingungen in Österreich müssen auch in Zukunft stimmen.