UNTERNEHMEN SIND DARAUF VORBEREITET, NACH DER KRISE DURCHZUSTARTEN

Generaldirektor Heinrich Schaller zieht im Interview Resümee über das herausfordernde Jahr 2020 und gibt optimistischen Ausblick für die Zukunft

Dr. Schaller im Interview
© Sabine_Klimpt

Heinrich Schaller, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG, im Interview über die Rolle der Banken in der Krise, die steigende Relevanz von Private Equity Finanzierungen, seine Wünsche an die Politik und warum seine Bank in Deutschland so erfolgreich ist.

Quelle: leadersnet.at

LEADERSNET: Das Jahr 2020 hat uns eine unerwartete Krise auf verschiedenen Ebenen beschert, die die Wirtschaft massiv getroffen hat. Wie sind Sie als Bank in dieser Zeit auf Ihre Kunden und Partner für die Wirtschaft eingegangen?

Schaller: In so einer Krisensituation ist es sehr wichtig, zunächst einmal für Stabilität zu sorgen. Für die Unternehmen ist die Liquidität essentiell. Das heißt das Geld, das sie zum täglichen Arbeiten brauchen, muss verfügbar sein und darf nicht plötzlich ausgehen. Wir haben im Zuge der Finanzkrise 2008 sehr oft gesehen, dass Unternehmen auf diese Situation nicht vorbereitet waren. Unsere Aufgabe ist also, in Krisenzeiten hinreichend Liquidität zur Verfügung zu stellen und den Unternehmen damit die Möglichkeit zu geben, weiterzuarbeiten. Es ist aber genauso wichtig, dass die Hilfen, die von der Regierung zur Verfügung gestellt wurden, wirklich bei den Unternehmen ankommen. Da spielen gerade wir Banken eine ganz entscheidende Rolle. Wir als Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) haben mit den Unternehmen in dieser Zeit circa 2.600 Unterstützungsanträge und Förderanträge bei den unterschiedlichen Stellen eingereicht und auch abgewickelt. Wir haben sehr viele Stundungen – ich glaube, es waren über 13.000 – bei unseren Kundinnen und Kunden durchgeführt. Das ist notwendig, um den Unternehmen mehr Luft zu schaffen. Es ist wichtig, Ruhe und Stabilität in die Unternehmen hineinzubringen und auf diese Art und Weise die Krise nach Möglichkeit durchzudrücken.

 

LEADERSNET: Die Krise trifft die verschiedenen Branchen und Unternehmen auf unterschiedliche Weise. Wie würden Sie die gesamtwirtschaftliche Situation in Österreich einschätzen?

Schaller: Ich glaube, man muss immer wieder darauf hinweisen, dass es gar nicht so schlecht ist, wie viele glauben. Natürlich gibt es Unternehmen – insbesondere auch kleinere – und Branchen, die wirklich hart getroffen wurden. Da ist es extrem wichtig, dass die Regierung, so wie sie es auch tut und getan hat, die dementsprechende Hilfe zur Verfügung stellt. Es gibt aber genauso Branchen, die von der Krisensituation profitiert haben – Gott sei Dank – und jetzt auch die Wirtschaft weitertragen. Darauf müssen wir aufbauen. Es ist wichtig, wenn diese Unternehmen die Möglichkeit und die Notwendigkeit haben zu investieren, dass wir diese Möglichkeit auch schaffen. Es ist schon fast erstaunlich, aber wir haben auch im Jahr 2020 einen sehr großen Zuwachs an Finanzierungen bei unseren Kunden gehabt und diese Finanzierungen sind nicht ausschließlich auf Überbrückungsfinanzierungen oder Hilfen zurückzuführen. Nein, mindestens 40 Prozent von diesen Finanzierungen sind tatsächliche Investitionen, wie wir sie aus Nicht-Krisenzeiten kennen. Das heißt, die Unternehmen haben sich darauf vorbereitet, nach der Krise wieder so richtig durchzustarten. Ich glaube, das ist ein sehr positives Zeichen. Die Finanzierungen sind bei uns im Jahr 2020 allein um 1,1 Milliarden Euro gestiegen. Daran sieht man, dass sowohl Kraft als auch Möglichkeiten da sind. Man muss die Chancen nutzen und man muss diese dann auch umsetzen.

LEADERSNET: Ihre Bank ist auf das Thema Private Equity Finanzierungen spezialisiert. Ist dies ein Thema, das 2021 an Relevanz gewinnen wird?

Schaller: Durchaus. Wir sehen zurzeit mehr Möglichkeiten, auch über Eigenkapital weiter zu finanzieren. Wir sind eine Bank, die das schon fast gewohnt ist. Wir machen das bereits seit mehr als 25 Jahren, dass wir den Unternehmen Eigenkapitalfinanzierungen zur Verfügung stellen und wir sehen auch, dass sich das wirklich ausgezahlt hat. Nicht nur, weil wir dabei gut verdienen, sondern vor allem auch, weil die Unternehmen dabei profitieren. Sie können dadurch ihre Eigenkapitalbasis erweitern und haben mehr Kraft, um weiter zu wachsen. Wir machen das auch, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, zusätzlich Engagements einzugehen und eventuell andere Unternehmen zu kaufen, wo sie zusätzliches Kapital brauchen. Wie Sie sehen, gibt es eine ganze Palette, wo wir bereit sind, Unternehmen das notwendige Eigenkapital zu geben. Das ist eine Win-Win-Situation. Wir sind an wirklich großen Unternehmen beteiligt. Wir haben eine Private Equity Gruppe, die derzeit die größte in Österreich ist. Wir haben bereits über 250 Millionen Euro investiert. Wir sehen in der jetzigen Situation große Nachfrage nach diesen Instrumenten und wir werden natürlich versuchen, diese Nachfrage auch dementsprechend zu befriedigen.

LEADERSNET: Gäbe es aus Ihrer Sicht wirtschaftspolitische Ansätze oder Unterstützungsmaßnahmen, die notwendig wären, um diese Art der Finanzierungen besser zu ermöglichen?

Schaller: Ich verstehe überhaupt nicht, warum hier aufsichtsrechtlich so streng vorgegangen wird und man plötzlich glaubt, dass diese Eigenkapitalfinanzierungen mit viel mehr Eigenkapital bei der Bank unterlegt werden müssen, als das derzeit der Fall ist. Gott sei Dank haben wir diesbezüglich in Österreich die Politik schon auf unserer Seite und auch auf europäischer Ebene wird für uns kämpft. Das kommt nicht nur uns, sondern der gesamten Volkswirtschaft zugute, wenn man den Unternehmen die Möglichkeit einräumt, entsprechend wachsen zu können. Das ist ein ganz großer Wunsch, den wir haben. Wir wissen, wir haben Verbündete, aber wir müssen uns europäisch noch mehr durchsetzen. Dann ist natürlich auch darauf Rücksicht zu nehmen, wie die steuerrechtlichen Anreize dabei aussehen. Auch da könnte ich mir vorstellen, dass man die Rahmenbedingungen noch ein bisschen attraktiver gestaltet. Man müsste natürlich auch darauf hinweisen, dass das Investment in Aktien nicht nur für Banken, sondern eventuell auch im privaten Bereich ein bisschen attraktiver gemacht wird. Auch das ist Eigenkapital und hier müsste man – mit entsprechenden Anreizen – versuchen, mehr einzusammeln als es derzeit der Fall ist.

LEADERSNET: Die RLB OÖ wird oft als Regionalbank wahrgenommen. Würden Sie diese Einstufung als realistisch bezeichnen?

Schaller: Ja, wir werden oft als Regionalbank bezeichnet, wir sind aber über diese Größe in der Zwischenzeit deutlich hinausgewachsen. Wir sind mittlerweile die viert- oder fünftgrößte Bank Österreichs. Wenn wir die Raiffeisenbanken in Oberösterreich konsolidieren, sind wir ungefähr bei 66 bis 67 Milliarden Bilanzsumme. Das ist nicht mehr so klein. Wir sind nicht nur in Oberösterreich, sondern in ganz Österreich tätig – insbesondere was das Firmenkundengeschäft betrifft. Wir haben seit 20 Jahren eine Filiale in Wien, die wirklich gut läuft. Wir haben in Wien in der Zwischenzeit circa 1.000 Firmenkunden und wir haben ein Finanzierungsvolumen von circa vier Milliarden Euro. Wir bieten alle möglichen Geschäfte auch in Wien an. Was wir in Wien nicht machen, ist das reine Retail-Geschäft. Aber das Firmenkundengeschäft und auch das gehobene Privatkundengeschäft betreiben wir hier sehr intensiv.

LEADERSNET: Sie sind aber nicht nur in Österreich aktiv, sondern auch im Ausland – besonders in Süddeutschland. Was macht eine österreichische Bank für die Deutschen attraktiv?

Schaller: Wir sind, glaube ich, von unserer Entwicklung her ein Unternehmen, das sehr rasch entscheiden kann und das schätzen andere Unternehmen – und insbesondere schätzen das deutsche Unternehmen. Das haben wir sehr deutlich gemerkt, als wir die ersten Schritte nach Süddeutschland gemacht haben. Wir sind dort in der Zwischenzeit mit zehn Standorten vertreten. Wir haben zusätzlich das positive Faktum, dass wir eine Größe haben, mit der wir eine Nische ausfüllen. Wir liegen damit zwischen den kleinen Banken – die für die deutschen Mittelunternehmen zu klein sind – und den deutschen Großbanken, die für diese Unternehmen als Bank wiederum zu groß sind. Sie sind übrigens nicht die Erste, die erstaunt ist, dass ausgerechnet eine österreichische Bank in Süddeutschland ein so gutes Geschäft macht. Wenn man es richtig anpackt und die richtigen Nischen findet, läuft das hervorragend.