US-Comeback bietet Chancen

Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind rosig – und davon profitieren österreichische Unternehmen. Beispiele wie SAG oder Pierer Mobility zeigen, wie wichtig der US-Markt ist.

Beim Kampf gegen die Coronakrise schienen die USA lange Zeit im Vergleich zu Europa auf verlorenem Posten zu sein – doch dank eines ambitionierten, professionell durchgeführten Impfprogramms geht es nun rascher vorwärts als gedacht. Aber nicht nur deshalb gibt es für die US-Wirtschaft rosige Aussichten für die nächsten Monate und Jahre. „Die breit ausgerollte Impfaktion, verbesserte Arbeitsmarkt- und Produktionsdaten, anziehende Exporte, steigende Konsumentenausgaben, Bidens Stimulus-Programm sowie das angekündigte Infrastrukturprogramm stimmen die US-Märkte und die Wirtschaftsforscher für 2021 zuversichtlich“, analysiert Michael Friedl, Wirtschaftsdelegierter der WKO in New York.

Der Umschwung scheint mit Joe Biden gekommen zu sein. Der Nachfolger von Donald Trump drückt nicht nur beim Impfen aufs Tempo, sondern will mit riesigen Unterstützungspaketen die Wirtschaft ankurbeln – abgesehen davon steht er für einen politischen Systemwechsel, der nicht zuletzt in den Beziehungen zu Europa spürbar sein wird. Enorme Auswirkungen wird schon sein 1,9 Billionen US-Dollar schweres Stimulus-Paket haben, das erste von drei geplanten Maßnahmenbündeln: Dieses richtet sich vorwiegend an Haushalte mit niedrigem Einkommen, wodurch ein starker Effekt für die sich öffnende Wirtschaft erhofft wird, analysiert Friedl. Auch bei seinem Infrastrukturpaket lässt sich der neue Präsident nicht lumpen: Mehr als zwei Billionen US-Dollar werden in die Verbesserung der zum Teil maroden Infrastruktur gesteckt, weiters in den Ausbau des schnellen Internets und in Ausbildungsmaßnahmen. „Das soll Arbeitsplätze schaffen und zugleich der Umsetzung der Klimaziele durch Nutzung von grünen Technologien dienen“, sagt Friedl.

 

SAG: Wie man vom US-Aufschwung profitiert

Die Salzburger Aluminium Group (SAG) ist eines jener Unternehmen, die von einem Wiedererstarken der US-Wirtschaft profitieren könnten. Zwar wurden die Zeitpläne für die Expansion in Nordamerika wegen der Reisebeschränkungen unter Trump und der Coronakrise durcheinandergewirbelt. „Aber nun sind wir startklar“, erläutert CEO Karin Exner-Wöhrer. Nahe Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina  und in Kanada wurden Vertriebsniederlassungen gegründet. „Die beiden Standorte sind strategisch so gewählt, dass sie in der Nähe der großen Automobilproduktionszentren rund um den Lake Michigan sind.“ Zwar werde ein Großteil der Vertriebsaktivitäten vorerst noch von Europa aus gesteuert, doch im Laufe des Sommers soll die Präsenz vor Ort physisch ausgebaut werden.

Das Unternehmen, das Aluminiumkomponenten für die Fahrzeugindustrie liefert, sieht gute Chancen am US-Markt, sowohl bei Lkw als auch bei Pkw. Potenzial sieht Exner-Wöhrer unter anderem bei den sogenannten Rheocasting-Komponenten für den Fahrzeugbau, die Gewichtsvorteile gegenüber Stahlteilen bringen. Rheocasting ist ein spezielles Gießverfahren, bei dem Aluminium im halbflüssigen Zustand gegossen wird; SAG hat das Verfahren verfeinert. Vielversprechende Möglichkeiten sieht die SAG-Chefin aber auch bei Luftspeichern für Pkw und bei Energiespeichern für die Nutzfahrzeugindustrie. Die Konkurrenzsituation in den USA sei jedenfalls „amerikanisch vielfältig“, meint Exner-Wöhrer. „Unser in Europa entwickeltes Know-how, die hohe Qualität und die speziellen Vorteile unserer Produkte geben uns aber einen klaren USP.“

 

Der wichtigste Einzelmarkt der Welt

Starke Leistungen liefert auch Pierer Mobility in Nordamerika: Für die frühere KTM Industries mit ihren Marken KTM, Husqvarna und GasGas sind die USA das wichtigste Exportland. Der dortige Markt ist im Vorjahr erstmals wieder gewachsen (plus 6,5 Prozent gesamt), wobei Pierer seinen Marktanteil 2020 von 9,4 Prozent auf 11,6 Prozent steigern konnte. Gefragt waren vor allem jene Motorräder, die sich für asphaltierte Straßen und das Gelände gleichermaßen eignen – sogenannte Enduro-Bikes waren begehrt. „Der US-Markt ist für uns seit jeher der wichtigste Einzelmarkt“, sagt CEO Stefan Pierer im Gespräch mit business. Das Unternehmen konnte in den vergangenen zehn Jahren seinen Marktanteil dort verdoppeln und erwartet auch für die Zukunft ein bedeutendes Wachstum. „Wir erweitern permanent unser Produktportfolio und bauen das dazu notwendige Händlernetz stetig aus. Die nunmehr dritte Konzernmarke GasGas wird diese Entwicklung unterstützen“, betont Pierer.

Ergeben sich für österreichische Unternehmen also generell neue Chancen durch das angestrebte Comeback der US-Wirtschaft? Schließlich sind die USA nach Deutschland der zweitwichtigste Exportmarkt für Österreich; Unternehmen wie voestalpine, Egger Holz oder Blum produzieren vor Ort und schaffen Arbeitsplätze. Das Interesse an den USA ist selbst im Pandemiejahr nicht gesunken, berichtet Michael Friedl. Im Gegenteil: Viele österreichische Unternehmen waren als sogenanntes „Essential Business“ eingestuft und konnten teils noch erfolgreicher agieren. „Als Nischenplayer sind unsere Waren und Dienstleistungen auch nicht sehr leicht zu ersetzen, aber wir rechnen natürlich mit noch mehr Interesse an der größten Weltwirtschaft vonseiten Österreichs.“

Auch SAG-Chefin Karin Exner-Wöhrer sieht für die USA eine „längerfristig anhaltende sehr positive Konjunkturentwicklung“. In der Automotive-Branche ist allerdings der Engpass bei Computerchips ebenso wie in Europa ein Problem. Diese Industrie sei nun überhaupt gefordert, meint Stefan Pierer. „Nicht zuletzt wegen des Klimawandels gibt es weltweit durch die Regulatorien immer größere Anforderungen an die Fahrzeugindustrie.“ Auch Biden wolle mit seinem billionenschweren Plan auf mehr Bewegung in dieser Richtung setzen. „Neben der Einführung strengerer Regularien bei der Fahrzeugproduktion sollen unter anderem Milliarden in die Modernisierung der Infrastruktur im Land investiert werden.“

 

Ausbauprogramm

Die USA bleiben für österreichische Unternehmen ein interessanter und lukrativer Markt, meint Wirtschaftsdelegierter Michael Friedl. „Allerdings bedarf es vieler Ressourcen, guter Vorbereitungen und eines langen Atems, um in der größten Volkswirtschaft der Welt reüssieren zu können.“ In welchen Sparten gibt es derzeit gute Chancen? Da sind zunächst einmal die von der Biden-Regierung geplanten Schwerpunkte in den Bereichen Infrastrukturausbau, Verbesserung des Gesundheitswesens, nachhaltige und grüne Energiequellen sowie Modernisierung der Industrie. Dadurch könnten sich etwa Gelegenheiten für Tunnelbauer, Schienenlieferanten, Anbieter von Technologie für Windenergie oder digitale Medizinlösungen sowie Lieferanten von Lösungen für nachhaltige Verpackung und Fabriken der Zukunft ergeben.
 

Text: Robert Prazak