Die Bankfiliale der Zukunft
Die Bankfiliale der Zukunft

Beratung, Begegnung, Beziehung

Die Bankfiliale der Zukunft

Die Digitalisierung revolutioniert die Arbeitswelt – speziell jene der Banken. Wie persönliche Beziehungen trotzdem florieren, zeigen die Leuchtturmprojekte „haus salzkammergut“ und „DAS RAIQA“.Beratung, Begegnung, Beziehung

Wie sich die Bank der Zukunft entwickelt, scheint schon jetzt klar zu sein. Filialen werden in dieser Anzahl nicht mehr gebraucht und geschlossen, das Geldgeschäft verlagert sich immer mehr in den virtuellen Raum. Manche Nischenbanken ziehen sich überhaupt ins Internet zurück und verzichten auf persönliche Beratung. Die Finanzkrise von 2008 wie auch die Digitalisierung sind zwei Ursachen, die diese Entwicklung noch befeuert haben. „Banking wird gebraucht, Banken nicht“, hat Microsoft-Gründer Bill Gates schon 1998, am Höhepunkt der ersten Internet-Euphorie, proklamiert. Werden die Banken künftig völlig von der Landkarte verschwinden? Und damit auch die persönliche Betreuung und der direkte Kundenkontakt?
 

HAUS DER BEGEGNUNG

Zwei Leuchtturmprojekte der Raiffeisenbankengruppe zeigen, dass es auch einen anderen Weg gibt. „Wir sind ein Haus der Begegnung, zu uns kommen die Menschen aus der ganzen Region“, sagt Klaus Ahammer, Vorstand der Raiffeisenbank Salzkammergut, über das „haus salzkammergut“. Und Johannes Ortner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Tirol, definiert mit dem geplanten Quartier „DAS RAIQA“ in Innsbruck die Arbeitswelt der Zukunft neu – und damit auch die Rolle der Banken: „Das tragende Momentum, das sich durch das gesamte Quartier ziehen wird, heißt Beratung, Begegnung und Beziehung.“
 

WERTE VOR DESIGN

Das sind klare Kontrapunkte zur digitalen Welt. Dennoch bleiben die modernen Entwicklungen bei diesen Projekten nicht außen vor – ganz im Gegenteil. Die Ursprünge des „haus salzkammergut“ gehen in das Jahr 2008 zurück. „Warum gibt es so viele Raiffeisenbanken, die in gleichen Märkten arbeiten?“, war eine der Fragen, die sich Ahammer, Mitarbeiter und Eigentümervertreter gestellt haben. Die Fusion von Traunsee West und Salzkammergut Nord zur Raiffeisenbank Salzkammergut war der erste Schritt zur Neudefinition. „Wir wollten nicht vier Wände bauen und dann erst fragen: Was machen wir dort besser für unsere Kunden? Wir haben zuerst unsere Werte und Philosophie definiert und darauf aufbauend das Design“, erklärt Klaus Ahammer.

Das Ergebnis dieser Überlegungen steht nun am Klosterplatz in Gmunden und verbindet zwei Bauwerke: das ehemalige, denkmalgeschützte Forstamt und einen modernen Neubau. „Entstanden ist ein Kompetenzzentrum, in dem AUCH eine Bank untergebracht ist“, weist Ahammer auf die erste Besonderheit hin. Insgesamt 17 Unternehmen teilen sich das Haus: Neben der Raiffeisenbank Salzkammergut sind auch die Real Treuhand, die Oberösterreichische Versicherung, ein Restaurant oder auch der „cowerk innovationscampus“ hier untergebracht. „Wir wollen jungen Unternehmen einen Nährboden bieten“, sagt Ahammer über die „Cowerker“, die hier ihre Ideen entwickeln. Diese profitieren nicht nur vom Austausch untereinander, sondern auch vom breit gefächerten Partnernetzwerk der Raiffeisenbank.
 

OFFENE KOMMUNIKATION

Einzelbüros, fixe Arbeitsplätze und große Vorstandsbüros haben in der Arbeitswelt der Zukunft ausgedient. Gearbeitet wird flexibel im
gesamten Haus, die Kommunikationswege sind kurz. Das viele Glas zeigt diese neue Form der Transparenz. Neu ist auch die Art, wie Mitarbeiter der Raiffeisenbank Salzkammergut untereinander und mit Kunden umgehen. In einem eigenen Prozess haben sie Regeln festgelegt: Wie wird etwa Freundlichkeit definiert? Wie lauten die eigenen Qualitätsstandards? Angebote wie ein Fitnessraum, Yoga während der Arbeitszeit und ein hauseigenes Café haben wesentlich zum kulturellen Wandel im Umgang miteinander geführt.
 

BEWUSST REDUZIERTE LOGOS

Und wie reagieren die rund 5.000 Kunden der Bankstelle Gmunden darauf? „Sie waren zuerst überrascht, dass wir uns als Bank kein abgehobenes Bankgebäude gebaut haben“, sagt Ahammer. Und ergänzt: „Aber das war ein bewusster Schritt. Wir haben auch darauf verzichtet, außen große Logos von uns anzubringen. Wir sehen uns als Dienstleister.“ Eine Präzisierung, die von den Kunden durchaus geschätzt wird. Eine leere „Schalterhalle“ gibt es in Gmunden nicht mehr. Ein Ansprechpartner ist immer da, gearbeitet wird nach einem neuen Rotationsprinzip mit modernen IT-Systemen.

Im Jahr 2022, wenn "DAS RAIQA" seine Türen öffnet, wird sich in Innsbruck zeigen, wie der Weg von einer Bank der alten Schule hin zu einem Ort der Begegnung gelungen ist. „DAS RAIQA“ beherbergt nicht nur eine Bank, sondern ist zugleich Hotel, Kunstraum sowie Marktplatz inklusive Gastronomie und Geschäften. „Fasziniert hat uns die Kombination mit einem Hotel deshalb, weil es in der Regel vorwiegend nachts bewirtschaftet wird, eine Bank dagegen untertags. Uns ist dann aufgefallen, dass es unzählige Synergien gibt, die ein solches hybrides Gebäude bieten kann“, erinnert sich Ortner an die ursprünglichen Überlegungen.

Die komplette Neuentwicklung und -gestaltung der Fläche an der Innsbrucker Adamgasse und im Bereich der „Raiffeisen-Passage“ wurde durch die alte Bausubstanz notwendig. Denn der gesamte Gebäudekomplex in seiner jetzt sichtbaren Fassade ist bereits über 50 Jahre alt.
 

CAMPUS-COMMUNITY

Ein Effekt der neuen Gestaltung wird sein, dass bisher bekannte Übergänge zwischen privater und beruflicher Sphäre im Quartier fließend werden und sich auflösen. Dazu meint Ortner: „Wenn man sich die ­Arbeits­welten der großen Internetgiganten ansieht, dann fällt auf, dass sie diese fast durchwegs als Campus bezeichnen. Der Community-Gedanke steht dabei im Vordergrund. Ich glaube, dass wir den Campusgedanken zukünftig stärker betonen und dem menschlichen Bedürfnis nach Begegnung entgegenkommen sollten.“

Damit ist klar, dass die Raiffeisenbank – im Gegensatz zu einigen Branchenkollegen – ihr Heil nicht ausschließlich in der Digitalisierung und im Transaktionsbanking sieht. „Wer sollte die Nähe zum Kunden besser ausspielen können als wir bei Raiffeisen?“, stellt Ortner fest. Es wäre daher widersinnig, diese USP wegen der Digitalisierung über Bord zu werfen.
 

BELEBUNG INNEN UND AUSSen

Nicht nur das Innere, auch die Umgebung soll durch das neue Quartier belebt werden. Als Tor zum historischen Stadtkern von Innsbruck passieren schon jetzt täglich rund zehntausend Pendler und Gäste diesen in die Jahre gekommenen Teil der Landeshauptstadt vom und zum Innsbrucker Hauptbahnhof. Nicht nur der Businessgast, auch die Durchreisenden werden von der neuartigen Synergie von Bank und Hotel mit 140 Zimmern profitieren. „Wir haben außerdem ein Rooftop-Restaurant mit Bar geplant, wo man sich am Abend treffen kann“, sagt der Vorstandsvorsitzende.