25.03.2021 - "Grüner zu werden, steht in einem breiten Kontext"

Andrea Sihn-Weber, Leiterin des RBI-Nachhaltigkeitsmanagements, spricht über die nächsten nachhaltigen Schritte.

Andrea Sihn-Weber
© RBI / Sara Tomic
Andrea Sihn-Weber sieht im "Green Deal" der EU neue Chancen für zusätzliches Geschäft und die Gewinnung neuer Kunden.

Mit Ausbruch der Pandemie gab es viele Befürchtungen, dass Greta Thunberg und mit ihr das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung verlieren. Haben sich diese Bedenken bestätigt? 

Andrea Sihn-Weber: Nachhaltigkeit hat eine nach wie vor hohe -wenn nicht sogar steigende -Bedeutung. Das zeigt sich auch in den Zielen der Green Finance Agenda und dem Green Deal der EU, aber auch in vielen internationalen Initiativen. Auch wenn die Pandemie seit einem Jahr stark in den Fokus von Gesellschaft und Wirtschaft gerückt ist, so sind die Auswirkungen doch ähnlich, wenn auch im Zeithorizont unterschiedlich gelagert. Die Pandemie hat sich sehr kurzfristig und massiv auf unser Wirtschafts- und Sozialleben ausgewirkt. Die Nachhaltigkeitsherausforderungen werden hingegen eine eher mittel-bis langfristige massive Auswirkung haben, vor allem, wenn nicht rechtzeitig und umfassend gehandelt wird.
 

Die RBI hat im Jänner 2021 die UN Principles für verantwortungsvolles Banking unterzeichnet. Was wird sich dadurch ändern? 

Sihn-Weber: Die Principles for Responsible Banking sind ein international etabliertes und einheitliches Rahmenwerk für ein nachhaltiges Bankwesen, das durch eine innovative Partnerschaft zwischen Banken weltweit und der UN Environment Programme Finance Initiative (UNEP FI) entwickelt wurde. Wir sehen das als logische Fortführung des eingeschlagenen Weges, uns als verantwortungsvoller Banker zu positionieren und unsere Kunden bei ihrer Transformation in eine nachhaltigere Zukunft zu begleiten. Die konkreten Aufgaben, die nun mit den sechs Prinzipien verbunden sind, stellen durchaus eine große Herausforderung dar, die es in den kommenden vier Jahren konsequent im gesamten Konzern umzusetzen gilt.
 

Was sind die nächsten Schritte?

Sihn-Weber: Mithilfe der Prinzipien soll Nachhaltigkeit auf der Strategie-,Portfolio-und Transaktionsebene in allen Geschäftsbereichen umfassend verankert werden. Einer der konkreten nächsten Schritte wird es sein, unser Portfolio einer ausführlichen Impact-Analyse zu unterziehen, um unsere Potenziale aber auch die Risiken in allen Geschäftsbereichen noch besser auszuloten und weitere Ziele und entsprechende Maßnahmen abzuleiten.
 

Wie grün kann die RBI noch werden?

Sihn-Weber: Grüner zu werden steht in einem breiten Kontext. Zum einen gilt es, den grünen Aspekt in der Risikosteuerung stärker zu integrieren, zum anderen das Angebot grüner Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich auszubauen, aber auch die Transparenz der CO2-Emissionen unserer Produkte zu erhöhen und unsere Kunden dabei zu unterstützen, sich ökologischer auszurichten und den Übergang hin zu weniger Emissionen zu bewerkstelligen. Europa hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Der "Green Deal" eröffnet neue Chancen für zusätzliches Geschäft und die Gewinnung neuer Kunden.
 

Klimarisiken und die Exponiertheit von Banken stehen auch verstärkt im Fokus der Bankenaufsicht.

Sihn-Weber: Ja, das ist absolut ein Thema. Die Europäische Zentralbank hat vor kurzem einen Leitfaden für Banken zu Klima- und Umweltrisiken veröffentlicht und will Klimarisiken zum Schwerpunkt ihres Bankenstresstests im Jahr 2022 machen. Aus dem Leitfaden geht hervor, wie Banken Klimarisiken steuern und offenlegen sollen. Grob lassen sie sich in zwei Risikokategorien einteilen, die jedoch Wechselwirkungen aufweisen können. Dazu zählen die physischen Risiken als Folge veränderter klimatischer Bedingungen und die Transitionsrisiken als Folge der Entwicklung hin zu einer CO2-armen Wirtschaft und Gesellschaft. Mit beiden Risikogruppen beschäftigen wir uns in der RBI. Es gilt, die Risiken mit angemessener Sorgfalt zeitgerecht zu identifizieren, was eine Grundvoraussetzung für ein proaktives Gegensteuern ist.
 

Im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht werden sehr viele Daten zusammengetragen. Gibt es einen Bereich, wo Sie sich noch mehr Transparenz wünschen würden?

Sihn-Weber: Mit der erstmaligen Publikation der CO2-bezogenen Daten im Bereich der Finanzierungen haben wir einen ersten wichtigen Schritt gesetzt, sind aber noch nicht ganz dort, wo wir gerne hinmöchten. Die ersten Weichenstellungen sind erfolgt und jetzt arbeiten wir intern mit Hochdruck daran, um die Scope-3-Emissionen (indirekte Emissionen, die in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens entstehen) im Kerngeschäft -entsprechend der aktuellen Entwicklungen und Standards -zukünftig noch breiter darstellen zu können. hell

Quelle: Raiffeisenzeitung; Text: hell
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